Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 39

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

aber dann auch den Schneid haben, die unbequemen Antworten hier umzusetzen. Das passiert momentan in der Diskussion nicht.

Die Frage, die sich bei dieser Diskussion grundsätzlich stellt, ist: Sind Strukturen, die einmal zu einer gewissen Zeit erdacht, installiert wurden, zu allen Zeiten gleich gül­tig? – Ich behaupte, nein! Was vor 100 Jahren als Bürgerbewegung begonnen hat – ei­ne soziale Krankenkasse und vor allem eine Selbstverwaltung zu installieren –, ist ja an sich eine gute Sache, aber in der heutigen Zeit wird das überhaupt nicht mehr hin­terfragt, und wir haben viele Argumente dagegen gehört und viele Argumente, wie die­ses System pervertiert wird.

Wir wissen heute, dass die Krankenkassen viel, viel besser aufgestellt wären, wenn nicht diese Verzettelung in – je nach Zählart – 17, 22 oder 29 Anstalten stattfinden wür­de. Wir stehen auf dem Standpunkt, dass die Krankenkassen massiv zusammenge­führt werden sollten. Es sollte eine geben, von mir aus zwei oder drei – darüber kann man diskutieren –, aber dieser Wildwuchs, der über die Jahrzehnte hinweg entstanden ist, der seinerzeit auch sehr sinnvoll war, wie auch die Bestellung seinerzeit sehr sinn­voll war, hat sich überholt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Gebietskrankenkasse ist in ihrem Kern in Wirklichkeit ein Inkassobüro, sonst nichts weiter. Sie nimmt das Geld der Versicherten ein und gibt es an diejenigen weiter, die die Leistung eben für die Versicherten, die einbezahlen, erbringen.

Leider hat sich die Krankenkasse heute von der Selbstverwaltung hin zu einer Art Selbstbedienungsladen für die eigenen Funktionäre entwickelt. Dort werden solche Entscheidungen getroffen, weil auch falsche Leute dort sitzen. In Wirklichkeit wird dort mit Milliarden jongliert, und an den Schalthebeln werden, wie wir das heute auch schon gehört haben – das wird von Ihrer Seite, vonseiten der SPÖ, auch gutgeheißen –, Par­teifunktionäre hingesetzt; Gewerkschafter, die vielleicht in ihrem Bereich gute Arbeit machen, aber in so einer Institution nichts verloren haben, außer Patienten zu sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Schon Cicero hat Folgendes gesagt: „Der Staatsdienst muss zum Nutzen derer geführt werden, die ihm anvertraut sind, nicht zum Nutzen derer, denen er anvertraut ist.“ – Genau das sehen wir heute nicht mehr. Dieses System lädt dazu ein, unsinnige Dinge aufzuführen. Herr Minister, ich nenne Ihnen ein Beispiel aus Niederösterreich, ein be­sonders krasses Beispiel.

Da werkt eine Mannschaft in der Führungsebene der Gebietskrankenkasse, das ist abenteuerlich. Die haben unter dem Deckmantel der sozial niederschwelligen Zugäng­lichkeit für Kinder die Gratis-Narkose angeboten. – Ja, das ist eine gute Sache, wenn im Kassensystem die Narkose für Kinder im zahnärztlichen Bereich angeboten wird. Aber man hat es auf zwei Ambulatorien beschränkt, und da hat ein Arzt geklagt. Dieser Arzt hat natürlich recht bekommen. Die Gerichte haben festgelegt, dass es so nicht geht; die rechtliche Basis wurde wiederhergestellt, und man hat es zurückgestutzt.

Warum hat man das gemacht? – Weil man gesagt hat, es ist einfach unzumutbar, dass man die Patienten diesbezüglich auf nur zwei Ambulatorien beschränkt, sodass sie dort hingehen müssen, weil die Patientenströme dorthin gelenkt werden sollen. Nein! – Man hat gesagt, wenn es angeboten wird, dann muss es im gesamten System ange­boten werden. Was hat die Krankenkasse gemacht? – Sie hat dem Arzt Geldgier vor­geworfen.

Wir müssen diesem Arzt dankbar sein, dass es möglicherweise dazu kommt, dass jetzt nämlich die gesamte niederösterreichische Bevölkerung in den Genuss kommt, eine sinnvolle Maßnahme auch wirklich angeboten zu bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die zweite Geschichte: Warum dieses System nicht funktioniert, ist, dass die Politik überhaupt nicht darauf reagiert, dass sich auch die Lebensumstände, unter denen die


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite