Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 338

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auch als wirkungsorientiertes Instrument verstanden werden, um Haushaltspolitik im Interesse der Gleichstellung von Frauen und Männern umzusetzen.

Gender Budgeting ist seit 2009 in der Bundesverfassung verankert. Leider ist nur die Verankerung ein Erfolg – die Umsetzung ist noch kein Erfolg. Eine wesentliche Innovation von Gender Budgeting besteht in der Betonung und Sichtbarmachung der unbezahlten Arbeit wie zum Beispiel Betreuungsarbeit als eine wichtige ökonomische Kategorie, die in den konventionellen makro- wie mikroökonomischen Ansätzen vernachlässigt wird.

Wir wissen, dass die Diskrepanz zwischen den Lebens- und Arbeitsrealitäten von Frauen und Männern sehr groß ist. Das bedeutet, dass das Budget auf seine Aus­wirkungen auf Männer und Frauen hin analysiert und entsprechend der Gleich­stellungsziele aufgestellt werden sollte.

Wenn wir uns die Analyse betreffend Gender Budgeting umfassend anschauen, bemerken wir, dass es sich großteils um kleinere Projekte mit frauenfördernden Maßnahmen handelt, teilweise beschränkt auf den öffentlichen Dienst und von minimaler Budgetrelevanz. Gender Budgeting darf nicht auf Frauenförderung reduziert werden. Wirklich budgetrelevante Indikatoren, also wie viel Geld für einen geschlechts­spezifisch unterschiedlichen Bedarf, zum Beispiel in der Medizin, verwendet werden soll, dürfen dem „Handbuch Ziele und Indikatoren auf Untergliederungs-, Globalbudget und Detailbudgetebene“ des Bundeskanzleramtes zufolge nämlich gar nicht fest­geschrieben werden. Als unzulässiges Beispiel gilt auch die Förderung aller Frauen­beratungsstellen mit Rahmenverträgen.

Es ist auch wichtig, dass der geschlechtsspezifisch unterschiedliche Bedarf analysiert werden muss. Frauen sind nicht nur stärker von Armut betroffen und leisten den Großteil der unbezahlten Betreuungsarbeit, sondern sind auch viel stärker auf die soziale Infrastruktur angewiesen. Ausbau und Qualitätsverbesserung im Bereich Kinderbetreuung, Ganztagsschule und Pflege müssen garantiert werden, wenn Frauen entlastet werden sollten. Natürlich haben wir Top-Karriere-Frauen aus Österreich, die finanziell unabhängig sind, aber das ist nur ein kleiner Prozentsatz in Österreich. Diejenigen, die gut verdienen, machen sich ohnehin keine Sorgen über flächendecken­de Kinderbetreuung und so weiter und so fort, weil sie ja das nötige Geld haben und finanziell unabhängig sind.

Die Lebensrealität für Frauen in Österreich schaut anders aus. Viele Frauen haben Existenzängste und können sich nicht einmal frei entscheiden, ob sie nach der Geburt ihres Kindes arbeiten gehen wollen oder ob sie arbeiten müssen, und gerade des­wegen brauchen wir Gender Budgeting, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist unsere Verantwortung, den Frauen die Rahmenbedingungen für diese Entschei­dungsfreiheit zu ermöglichen.

Ernst gemeintes Gender Budgeting ist ein Zeichen gelebter Demokratie. Eine Analyse aller budgetären Maßnahmen, also auch jeglicher Sparmaßnahmen, auf ihre gender­spezifische Wirkung ist ein klarer Auftrag an die Regierung. Eine geschlechts­spezi­fische Datenerhebung wäre dafür genauso Voraussetzung gewesen wie die Einbe­ziehung von Frauen-NGOs in den Prozess der Budgeterstellung, und zwar vor der Budgeterstellung und nicht erst danach.

So haben die Einsparungen im Bildungsbereich direkte Auswirkungen vor allem auf Frauen.

Da viele Frauen in Teilzeit aus dem Pendlerpauschale ausgeschlossen sind, wäre auch hier eine gendergerechte Umsetzung notwendig. Besonders betroffen sind Be-


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