Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung / Seite 94

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Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


12.09.32

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, der Tourismus ist ein wesentlicher Faktor im österreichischen Wirt­schaftssystem und er ist vor allem ein enorm großer Arbeitsmarkt.

Im Verlauf der letzten Jahre und Jahrzehnte – Krisen hin oder her – ist die Beschäfti­gung im Tourismus kontinuierlich gewachsen, auch die Anzahl der freien Arbeitsplätze, aber – aber! –, und ich nutze eigentlich jede Gelegenheit, die ich habe, immer wieder auf dieses Problem hinzuweisen, das Problem ist, dass eigentlich kaum jemand, der ir­gendeine Alternative hat, wirklich bereit ist, in diesem Sektor zu arbeiten.

Die Arbeitsbedingungen und auch die Entlohnung sind derart unattraktiv, dass es nie­manden gibt, der dort wirklich hineindrängt, außer er kommt aus einem Land, in dem er wirtschaftlich massiv benachteiligt ist. Das ist ein Problem.

Die, die tatsächlich dort arbeiten, sind in hohem Maße unzufrieden. Wir wissen das, weil wir ja immer einen Arbeitsklima Index mit dem Schwerpunkt Tourismus bekom­men, aus dem ganz klar hervorgeht, dass die Leute, die im Tourismus tätig sind, so schnell wie möglich wieder aus dieser Branche herauswollen.

Wir wissen auch, warum sie so unzufrieden sind: Sie sind unzufrieden einerseits we­gen der schlechten Entlohnung – wir kommen vielleicht später bei den Anträgen des Sozialausschusses noch darauf zu sprechen, wenn es um die Sozialversicherungsbe­freiung von Trinkgeldern geht; also das eine ist schlechte Entlohnung –, und anderer­seits ist der Grund aber im hohen Maße die Frage der Arbeitszeit.

Wir wissen, die Arbeitszeit im Tourismus liegt ungünstig – Abend-, Wochenendarbeit gehört da dazu (Abg. Deimek: ... Polizisten, Krankenschwestern!), das wird man schwer ändern können –, in der Regel ist sie aber auch überlang. Wir hatten in letzter Zeit eine Debatte über die Ausdehnung der Tageshöchstarbeitszeit auf 12 Stunden. Im Tourismus ist ein 12-Stunden-Tag oder auch eine 7-Tage-Arbeitswoche in der Hoch­saison keine Seltenheit. (Abg. Steinbichler: Normal! Normal ist das! Wegen der Gäs­te!) – In der Hochsaison, da stimme ich Ihnen zu, ist das normal. Ich kenne auch Bei­spiele, wo es mehr als 12 Stunden sind.

Tatsache ist, dass wir uns diesem Problem stellen müssen: Es gibt auf der einen Seite ein hohes Potenzial auf diesem Arbeitsmarkt, auf der anderen Seite nicht die Bereit­schaft der Leute, dort zu arbeiten, wegen der Arbeitsbedingungen. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Steinbichler.)

Abgeordneter Loacker, den ich jetzt gar nicht sehe – ah, da ist er! –, führt in seinem Antrag aus, dass unser Bestreben in Richtung Ganzjahrestourismus geht, was vieles entschärfen würde. – Wir alle wissen, es gibt da Projekte und Bemühungen, aber das greift nicht voll, das kann das Problem einfach auch aufgrund der Struktur nicht zur Gänze lösen.

So, wie gehen wir jetzt damit um? – Wir können sagen, extremer Saisontourismus ist etwas, das wir nicht wollen, weil es extrem umweltschädlich ist – die Umwelt wird mas­siv strapaziert, die Verkehrswege werden überbelastet, werden ausgebaut für zwei, drei Monate, die natürlichen Ressourcen werden extrem überbeansprucht nur für eine ganz kurze Phase – und weil die Einheimischen extrem strapaziert werden, sie werden fremd in den eigenen Orten. Es gibt sozusagen eine gegliederte Gesellschaft, die aus Einheimischen, aus im Tourismus Beschäftigten, die ja keine Einheimischen sind, und aus den Gästen besteht.

 


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