Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung / Seite 144

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14.02.36

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Gäste auf der Galerie sowie Zuschauer und Zuschauerinnen vor den Bildschirmen! Zwei Anträge, die uns jetzt vorliegen und über die wir nach der Diskussion im Sozialausschuss noch einmal im Plenum diskutieren werden, betreffen die notwendige und überfällige Reform der sogenannten Rot-Weiß-Rot-Karte – ein Thema, über das wir hier im Hohen Haus mehrmals und im Detail diskutiert haben. Auch die Kollegen und Kolleginnen von den Regierungsfraktionen, vor allem jene, die auch in der letzten Legislaturperiode hier ver­treten waren, werden sich erinnern, dass die Grünen schon vor dem Beschluss der jet­zigen Form beziehungsweise der ersten Form der Rot-Weiß-Rot-Karte Bedenken an­gemeldet haben.

Wir haben zwar ein System begrüßt, das von einer bloß mengenmäßigen Beschrän­kung der Arbeitsmigration abgeht und sich an bestimmten Qualifikationen und an Merk­malen orientiert, wir haben aber gleichzeitig gesagt, dass die Bundesregierung eigent­lich nur eine halbe Sache beschließt. Nach außen hin war offensichtlich das Ziel, das politische Signal auszusenden, es werde hier eine Systemänderung geben, die Bun­desregierung habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, das System werde um­gestellt. Menschen, vor allem gut qualifizierte Menschen, aber auch junge Menschen, die in Österreich eine Ausbildung abgeschlossen haben, sollen das Signal erhalten, dass sie in Österreich legal arbeiten, in Österreich bleiben und sich in Österreich nie­derlassen können und dürfen und dass das erwünscht ist.

Nun wissen wir zweieinhalb Jahre nach diesem Beschluss, dass das nicht gelungen ist. Jetzt kann die Bundesregierung natürlich sagen: Wir wollten dieses Signal aussen­den, aber umsetzen wollten wir das eigentlich nicht. Es ist uns um eine politische Ges­te gegangen, aber nicht wirklich um einen Systemwechsel. Wir wollen junge Leute, die in Österreich ausgebildet wurden, nicht hier behalten, sie sollen das Land wieder ver­lassen.

Was derzeit geschieht, ist aber alles andere als eine gute Lösung. Das Thema ist alles andere als gut gelöst, denn während auf der einen Seite dieses politische Signal von der Bundesregierung ausgesendet wurde, funktioniert auf der anderen Seite die Rot-Weiß-Rot-Karte nicht. Das belegen nicht nur Zahlen, sondern auch Fälle wie jener einer jungen Dame, der von SOS Mitmensch vor zirka eineinhalb Jahren veröffentlicht wurde: Eine junge Frau, die aus einem lateinamerikanischen Land stammt und hier mehrere Universitätsausbildungen abgeschlossen hatte, konnte trotzdem die Kriterien der sogenannten Rot-Weiß-Rot-Karte nicht erfüllen. Letztendlich ist es nur aufgrund des öffentlichen Drucks so weit gekommen, dass sie doch eine Arbeitsbewilligung und eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen hat, um hier zu leben und legal zu arbeiten.

Ich werde nicht alles wiederholen, was wir bis jetzt hier im Plenum oder auch im So­zialausschuss diskutiert haben und was alles notwendig wäre, nämlich auf der einen Seite eine lebensnahe Gestaltung der Einkommenserfordernisse bei der Rot-Weiß-Rot-Karte – wenn man will, dass sie funktioniert – und gleichzeitig auch eine Absenkung der Hürde, sodass die Rot-Weiß-Rot-Karte dort, wo derzeit ein Master-Abschluss erfor­derlich ist, künftig auch für junge Menschen gilt, die in Österreich eine Bachelor-Ausbil­dung erfolgreich abgeschlossen haben.

Diese Reform liegt auf der Hand. Trotzdem haben die Regierungsfraktionen im Sozial­ausschuss den vorliegenden Anträgen nicht die Zustimmung gegeben, sondern diese abgelehnt. Das ist alles andere als eine Problemlösung. Sie können ablehnen, so viel Sie wollen, die Probleme werden Sie damit aber nicht lösen.

Der zweite und nächste Punkt, den ich ansprechen möchte – meine Zeit ist leider rela­tiv knapp –, sind zwei andere Anträge auf der heutigen Tagesordnung, die etwas be-


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