Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll36. Sitzung / Seite 109

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13.51.20

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Schatz, vielleicht habe ich einen etwas anderen Zugang als Sie. Ich habe vier Kinder, und meine Kinder haben Praktika gemacht. Ich kenne viele Jugendliche, die gemeinsam die Ausbildung gemacht haben, und ich sage Ihnen etwas: Es ist nichts trauriger, als in die Augen von jungen Menschen zu schauen, die eine tolle Ausbildung gemacht haben und dann 10, 15 oder 20 Bewerbungsschreiben schicken und keinen Praktikumsplatz bekommen. (Beifall beim Team Stronach.)

Diese Jugendlichen sind frustriert, zutiefst frustriert. Und unser Job hier ist es zu schauen, dass Betriebe bereit sind, Praktikumsplätze aufzumachen, jungen Menschen eine Chance zu geben, ihnen zu zeigen, wie die Berufswelt ausschaut.

Unsere Aufgabe kann es nicht sein, Hürden aufzubauen, Hürden über Hürden, dass die jungen Menschen gar keine Chance mehr auf ein Praktikum haben. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Schatz: Aber Sie sagen ja, dass sie jetzt schon keine Plätze kriegen!)

Man darf nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Man kann nicht wegen einiger Unternehmer, die vielleicht die Situation ausnützen, für alle die Maßnahmen so ver­schärfen, dass niemand mehr einen Praktikanten nimmt. Ich glaube, das ist absolut der falsche Weg. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Schatz: Dann schaffen wir gleich das Arbeitsrecht ab, weil es Hürden schafft, jemanden zu beschäftigen!)

13.52


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


13.52.59

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ja, eine Reihe von Anträgen zu Praktika und Volontariaten liegt vor, viele Wünsche nach neuen Gesetzen. Zum besseren Verständ­nis dafür, welche Gesetze nun tatsächlich zusätzlich notwendig sind, hilft es, sich einmal anzuschauen, was es denn bereits an Regelungen gibt. Das, was nämlich in der Umgangssprache als Praktikum bezeichnet wird, ist in vielen Fällen eben nicht das, was arbeits- und sozialversicherungsrechtlich als Praktikum einzustufen ist. Arbeits­rechtlich ist es nämlich gar nicht so schwer zu beurteilen, ob jetzt ein Praktikum vor­liegt. Ferialpraktikantinnen und -praktikanten sind Schüler und Studenten, die als Ergänzung zu ihrer schulischen Ausbildung ein vorgeschriebenes Pflichtpraktikum in einem Betrieb absolvieren. Der Ausbildungszweck steht im Vordergrund.

Es kommt also darauf an, ob der Lehrplan der Schule oder der Studienplan der Hochschule ein Praktikum verpflichtend vorschreibt. Und wenn diese Voraussetzung fehlt, dann liegt arbeitsrechtlich kein Praktikum vor. Und weil der Ausbildungszweck im Vordergrund steht, besteht keine Arbeitspflicht. Aber dass keine Arbeitspflicht besteht, heißt nicht, dass es unmöglich ist, die Arbeitszeit aufzuzeichnen, Frau Kollegin Schatz! Das kann ich trotzdem tun und schauen, wie lange war derjenige da, ohne dass er da sein musste.

Es ist also leicht erkennbar, dass der weit überwiegende Teil von den Personen, die in der Alltagssprache als Praktikantinnen oder Praktikanten bezeichnet werden, eigentlich Ferialarbeiterinnen, Ferialarbeiter und Ferialangestellte sind. Ausschließlich für die echten Praktika, nur für die echten, sind Angestelltengesetz, Urlaubsgesetz und solche Bestimmungen nicht anzuwenden. Für alle Ferialarbeiter und Ferialangestellten gilt natürlich vollumfänglich der arbeitsrechtliche Schutz. Damit ist in der Regel auch der Kollektivvertrag anzuwenden.

 


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