Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll36. Sitzung / Seite 224

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nicht, Tatsache ist, dass nach Schätzungen in Österreich jährlich 30 000, 40 000 bis 80 000 Abtreibungen stattfinden; genau wissen wir es nicht.

Abtreibung ist aber nicht nur eine persönliche Entscheidung, das ist heute auch viel­mehr eine Entscheidung der Gesellschaft. Es hängt viel von der Gesellschaft ab, wie sie mit Frauen, wie sie mit ihren Partnern, wie sie mit Familien, die vor schwierigen Entscheidungen stehen, umgeht, wie das umgesetzt wird. Philosophische Grundfragen in der ethischen Diskussion beziehen sich auf den moralischen Status des Embryos. Der Versuch, eine moralisch entscheidende Trennlinie zwischen Neugeborenem und Fötus in Bezug auf das Recht auf Leben zu ziehen, ist bis heute gescheitert.

Wir aber sind politische Entscheidungsträger und sollten uns mit einer Enttabuisierung und Entdogmatisierung dieses Problems beschäftigen. Die Abtreibung – man kann es drehen und sehen, wie man will – ist nämlich ein großes Geschäft, und es ist mein Thema, das Geschäft mit der Abtreibung zu unterbinden. In Österreich gibt es, wie gesagt, keine Statistiken. Ein Abtreibung kostet, je nach einschlägigem Institut, um die 425 €. Wenn man das jetzt hochrechnet, dann kommen wir bei 40 000 bis 80 000 Ab­trei­bungen auf eine Summe von 17 bis 34 Millionen €. Auch darüber müssen wir sprechen. Es ist ein großes Geschäft, das sich wenige Abtreibungsunternehmer und -unternehmungen aufteilen, es gibt einen schmutzigen Kampf um Marktanteile, und ich sage das absichtlich so drastisch. Das sollten wir unterbinden, wir sollten wirklich offen miteinander diskutieren.

Nur ein Beispiel, und ich nehme ganz bewusst das Beispiel des Wiener Arztes Christian Fiala: Das ist ein Abtreibungsunternehmer größeren Stils in der Wiener Lugner City. All das, was so rund um diese Abtreibungsklinik passiert, ist in Wirklichkeit nichts anderes, als zukünftige Kunden an ein Geschäft zu binden.

Wenn sich eine Frau einmal in dieser Notsituation befindet, wird sie versucht sein, genau dort hinzugehen, wo sie irgendwann einmal in der Vergangenheit Positives erlebt hat. Aber dem Arzt geht es nicht um das positive Erleben, um das Verhindern einer Abtreibung, sondern im Gegenteil: Es ist ein Geschäftsmodell!

Deswegen kann ich nur appellieren, diese Fragen in Zukunft offener anzugehen. Wir alle müssen versuchen, das schmutzige Geschäft mit der Abtreibung zu unterbinden. Das wird nur dann gelingen – und da bin ich jetzt vollkommen auf jener Linie, der wir sonst immer treu sind und die wir immer einfordern –, wenn Abtreibungen nur in staatlich geschützten Einrichtungen stattfinden, wo die Qualitätssicherung stimmt, wo es kein Gewinnstreben gibt, wo ein Non-Profit vorherrschen wird. Es muss enttabu­isiert, entideologisiert werden, die Beratung muss räumlich und auch physisch von dem eigentlichen Ereignis abgelöst werden. Dann haben Abtreibungsunternehmer und das schmutzige Geschäft mit der Abtreibung keine Chance mehr. Jede Abtreibung, die heute stattfindet, ist eine zu viel! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.27


Präsident Karlheinz Kopf: Zu einer weiteren Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.

 


19.28.10

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir wichtig, auf zwei Dinge hinzuweisen, die in dieser Diskussion angeführt worden sind.

Der erste Punkt war, dass man in der Bundesregierung keine Auseinandersetzung über die Frage der Menschenrechte führt. Das stelle ich insgesamt in Abrede, das stelle ich ganz klar zurück. Gerade im Gesundheitsbereich setzt man sich immer wieder mit den Menschen, die in der Psychiatrie arbeiten, auseinander, mit Fragen


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