Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 133

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Was ist das? – Stichwort zum Beispiel Berichtspflicht: Die Staatsanwälte haben im Jahr 2013 an die 5 000 Berichte geschrieben. Das kostet Zeit. Das durchläuft zehn Stationen. Da weinen sich – ich möchte das jetzt nicht so sagen, das klingt respekt­los – die Staatsanwälte dann die Augen aus und sagen, ich muss berichten: zuerst an den Gruppenleiter, dann an den Leitenden Staatsanwalt, dann an den Sachbearbeiter der Oberstaatsanwaltschaft, dann an den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, dann an den Sachbearbeiter im Justizministerium, dann an den Abteilungsleiter, dann an den Sektionschef, dann ans Kabinett, und dann ist es als zehnte Station beim Minister. – Zeitverlust ohne Ende!

Oder zweiter Punkt: Wenn man der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ge­nauer zuhört: Was kostet Zeit? – Die Kontoöffnungen. Die wollen wissen, ob es ein Konto bei einer österreichischen Bank gibt, und dann beginnt der Spießrutenlauf: Zu­erst müssen sie bei den Bankverbänden fragen, davon gibt es fünf. Die haben ein Rechtsmittel dagegen, obwohl sie gar nicht unmittelbar betroffen sind, sondern mögli­cherweise derjenige, der Beschuldigter ist. Wenn die Bankverbände keinen Einspruch tätigen oder dieser abgewiesen wird, dann geht es noch an die 3 500 Banken, die ha­ben wieder ein Einspruchsrecht. Zeitverlust laut der Staatsanwaltschaft: im Schnitt sechs Monate bis ein Jahr. – Dort könnte man etwas tun, aber dazu findet man nichts.

Oder Ressourcenausstattung – wie schnell ein Protokoll geschrieben wird –: Das ver­ändert etwas an der Verfahrensdauer, aber nicht eine Dreijahresfrist.

Der zweiter Punkt, den das Gesetz beinhaltet, ist das Mandatsverfahren, in dem es in Zukunft ohne mündliche Verhandlung in bestimmten Fällen zu einer Verurteilung kommen kann. – Ja, das kann eine Verfahrensvereinfachung bringen. Ich sehe das aus zwei Gründen – ich sage das einmal so – skeptisch. Man muss erst beobachten, in welche Richtung sich das entwickelt.

Der erste Punkt ist, dass dieses Mandatsverfahren möglicherweise die Diversion, den Außergerichtlichen Tatausgleich ersetzt, weil man sagt, das geht schneller, als wenn ich mühsam eine Diversion durchführen muss, und es wäre schade, wenn dieses kons­truktive Mittel der Diversion dadurch in den Hintergrund gedrängt wird.

Der zweite Punkt ist: Ich möchte es vorsichtig formulieren, aber es schafft schon einen Raum, der möglicherweise Prozessabsprachen begünstigen könnte – ohne dass ich generell unterstellen will, dass es dann automatisch zu Prozessabsprachen kommt. Das muss man sich genau anschauen.

Der dritte Punkt ist ein oft diskutiertes Thema, das in der Novelle gestreift wird, sage ich, das ist die Frage des Pauschalkostenersatzes, wenn es einen Freispruch im Straf­verfahren gibt – Stichwort: Tierschützerprozess. Die werden ein Jahr lang auf die An­klagebank gesetzt und bekommen am Ende 1 250 €, wenn ich mich nicht irre. Das ist ein rechtsstaatlicher Skandal! Die Menschen werden finanziell ruiniert, weil sie nicht ar­beiten können, und bleiben auf den Prozesskosten sitzen.

Der Konsens des Herrn Ministers mit mir geht so weit, dass das rechtsstaatlich ein un­tragbarer Zustand ist. Nur, wenn wir das jetzt in der Novelle aufgreifen und sagen, dann bekommen die eben beim Einzelrichterverfahren statt 1 250 € 3 000 €, so ist das immer noch sehr weit weg von dem, was die Verteidigungskosten real ausmachen. Und in einem Rechtsstaat sollte Chancengleichheit vor Gericht herrschen und nicht am Ende derjenige, der den Prozess quasi gewonnen hat, der freigesprochen wird, finan­ziell ruiniert übrig bleiben. (Beifall bei den Grünen.) Dieser Gesetzesantrag beseitigt diesen rechtsstaatlichen Missstand so nicht.

Es sind aber auch andere Punkte drinnen, die ich sehr positiv beurteilen würde, wie das Abgehen vom Beschuldigtenbegriff vom ersten Moment des Strafverfahrens an; da heißt es in Zukunft „Verdächtiger“. Noch besser würde mir „Angezeigter“ gefallen, denn


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