Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 136

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Wir wollen die Erfahrungen aus der Praxis in dieses Gesetz gießen – wir haben ja im Jahr 2008 im Strafprozessrecht eine Jahrhundertreform umgesetzt und wir haben das Strafprozessrecht ins 21. Jahrhundert geführt. Nunmehr gilt es abzurunden, was sich in diesen Jahren in der Praxis sozusagen aufgetan hat und angezeigt ist, geändert zu werden.

Letztes Jahr im Juni ist die Bundesregierung vom Nationalrat aufgefordert worden, die Regierungsvorlage vorzulegen, und ich darf Sie jetzt kurz durch die wesentlichen Punkte führen.

Die bisherige Fassung des Strafprozesses hat aus Gründen des Rechtsschutzes einen sehr weiten Beschuldigten-Begriff gewählt. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird oft­mals, wenn jemand beschuldigt ist, auch gleich eine Vorverurteilung vorgenommen, auch bei substanzlosen Anzeigen. Wenn diese öffentlich bekannt werden, wird ja je­mand sehr schnell als schuldig abgestempelt. Daher trennt die vorliegende Novelle nun den Begriff „Beschuldigter“ vom Begriff „Verdächtiger“.

„Beschuldigter“ ist nunmehr derjenige, der aufgrund von konkreten Tatsachen der Tat verdächtig ist und gegen den wegen dieses Verdachtes ermittelt wird, sonst, bei ent­sprechendem Anfangsverdacht, sprechen wir nur von einem „Verdächtigen“. – Ich möchte jedenfalls auch festhalten, dass der Umfang des Rechtsschutzes sowohl für den „Verdächtigen“ als auch für den „Beschuldigten“ gleich ist.

Ein weiterer Hauptpunkt der Vorlage ist die Verkürzung der Verfahrensdauer, die durch die gerichtliche Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens nunmehr mit drei Jahren festgelegt ist, wonach dann die Gerichte zu befassen sind. Das dient der Kontrolle der Arbeit von Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei, gibt aber auch den Er­mittlern entsprechende Druckmittel selbst in die Hand, und es vermeidet Schwebezu­stände für die Beschuldigten.

Der Verfahrensbeschleunigung dient auch eine weitere Änderung, nämlich der zweite Berufsrichter im Schöffenverfahren, den wir nunmehr wieder einführen, insbesondere bei schweren Delikten gegen die Person, aber auch bei schweren Delikten der Wirt­schaftskriminalität und der Korruption.

Zum Dritten gibt es das schon angesprochene neu gestaltete Mandatsverfahren. Bis 1999 gab es bereits ein Mandatsverfahren, doch dieses Mandatsverfahren, so wie wir es heute umsetzen wollen, hat weit höhere rechtsstaatliche Standards. Das Absehen von einer Hauptverhandlung und der Erlass einer gerichtlichen Strafverfügung bedür­fen dreier Voraussetzungen: Es muss erstens die Schuld- und Straffrage geklärt sein, der Beschuldigte muss bereits vernommen worden sein und es muss insbesondere ei­ne ausreichende Information gewährleistet sein, nach der – noch dazu ausdrücklich – auf die Hauptverhandlung verzichtet werden muss. Verhängt werden darf zudem nur eine Geldstrafe oder eine bedingte Freiheitsstrafe.

Dann gibt es noch den Einspruch gegen die Strafverfügung. Den kann sowohl der Be­schuldigte als auch das Opfer erheben. Ich glaube, dass die Diskussion, die wir im Ausschuss zu diesem Thema hatten, ganz wichtig ist – wir werden ja heute im Rahmen der Debatte über einen Entschließungsantrag diese Opferrechte, die wir durch den Ab­änderungsantrag gestärkt haben, noch einmal ganz besonders hervorheben.

Es geht auch um die Waffengleichheit von Anklage und Verteidigung im Bereich des Sachverständigenbeweises, wo der Beschuldigte nunmehr auch das Recht hat, bei Befangenheit oder begründetem Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen ei­nen Enthebungsantrag zu stellen und auch eine Person als Sachverständigen vorzu­schlagen.

Des Weiteren haben wir den Punkt, dass wir die Beträge, die der Freigesprochene von der Republik als Ersatz für die Verteidigerkosten bekommt, verdoppeln.

 


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