dabei. Wie das in der Praxis dann anschauen wird, werden wir sehen, denn es gibt natürlich immer Möglichkeiten, das Verfahren doch zu verlängern. Aber es ist immerhin ein Paradigmenwechsel, dass jetzt die Staatsanwaltschaft von sich aus argumentieren muss, wenn sie länger als drei Jahre braucht. Das ist eine sehr positive Entwicklung!
Zweiter Punkt: Bei der Schöffengerichtsbarkeit wird der zweite Berufsrichter wieder eingeführt. Die Erfahrung aus der Praxis hat ergeben, dass das sinnvoll ist. Daher sind wir auch froh, dass das jetzt geändert wird.
Der dritte Punkt wurde auch schon angesprochen: Es soll jetzt eine Differenzierung in dem Fall geben, dass es nur einen Anfangsverdacht gibt, aufgrund dessen einmal ermittelt wird. Dafür wird ein neuer Begriff eingeführt, es wird nämlich jetzt vom „Verdächtigen“, statt gleich vom „Beschuldigten“ gesprochen. – Das ist von der Intention her ganz nett, weil ja bisher, wenn Anzeige erstattet wird, gleich festgestellt werden kann, und zwar unter Umständen sogar von demjenigen, der die Anzeige selbst erstattet hat, dass es Ermittlungen und daher einen „Beschuldigten“ gibt, und auch in den Medien bereits von einem „Beschuldigten“ zu lesen ist. So kommt es zu einer faktischen Vorverurteilung, und insofern halte ich das Bemühen, den Begriff zu ändern, vom Ansatz her für richtig.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob zwischen einem „Verdächtigen“ und einem „Beschuldigten“ graduell ein großer Unterschied besteht. Denkt man sich, dass „verdächtigt“ nichts und „beschuldigt“ viel ist? – Ein „Verdächtiger“ wird ja nicht „verdächtigt“, sondern er ist „verdächtig“ und das klingt objektiv eigentlich schon danach, dass das etwas dahinter ist. – Ich halte daher diesen Begriff nicht für geglückt!
Wir haben in der Diskussion argumentiert, dass man stattdessen den Begriff „Angezeigter“ nehmen könnte, sind aber deswegen wieder davon abgekommen, das jetzt hier als konkreten Antrag einzubringen, weil es auch Verfahren gibt, die nicht aufgrund einer Anzeige, sondern von Amts wegen eingeleitet werden, und in diesem Fall würde „Angezeigter“ nicht passen.
Ich bitte aber allen Ernstes, mit uns gemeinsam zu versuchen, einen besseren Begriff zu finden, weil, wie gesagt, die Begriffe „Verdächtiger“ und „Beschuldigter“ in Wahrheit so nahe beieinanderliegen, dass das wahrscheinlich für den Bürger – und um diesen geht es –, wenn er es in den Medien mitverfolgt, keinen Unterschied darstellt. Daher sollten wir einen anderen Begriff finden. Die Intention ist, wie gesagt, richtig, aber die Lösung ist nicht optimal.
Der vierte Punkt ist das Mandatsverfahren: Damit hatten wir von Anfang an aus rechtsstaatlichen Überlegungen sehr grundsätzliche Probleme, weil es ein Grundsatz ist, dass eine Verurteilung aufgrund eines Gerichtsverfahrens stattfindet. – Ich weiß, es gab früher schon ein Mandatsverfahren, aber dieses hat man 1998 mit guten Argumenten abgeschafft, nämlich genau mit dem Argument, dass das im Rechtsstaat so nicht funktionieren kann. Diese Problematik haben wir zur Diskussion gestellt und haben festgehalten, dass das tendenziell wiederum eine Zweiklassenjustiz fördert, weil derjenige, der sich nicht so gut auskennt, der nicht so gut vernetzt und nicht so gut beraten ist, vielleicht gar nicht erkennt, was das bedeutet, wenn ihm eine Strafverfügung zugestellt wird, während ein anderer, der bessere Möglichkeiten hat, das sehr wohl erkennt und dann etwas tun kann.
Ich muss aber anerkennen, dass im Zuge dieser Gesetzwerdung, auch wenn nicht viel Zeit war, die Argumente der Opposition und auch Erfahrungen aus der Praxis trotzdem aufgenommen wurden und Grundlegendes geändert wurde, und das ist sehr erfreulich! Es sind hier jetzt nur noch Vergehen betroffen, und wir haben festgehalten, dass es aufgrund des Mandatsverfahrens nur noch bedingte Haftstrafen geben darf, und das auch nur dann, wenn der Betroffene von einem Anwalt vertreten ist.
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