Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung / Seite 53

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Und wir wollen Barbara Prammer auch als Vorbild in Erinnerung behalten wegen ihrer Haltung als überzeugte Antifaschistin, gegen Rassismus, gegen Antisemitismus, gegen Hetze und immer für die Rechte von Minderheiten, für die Rechte der Volksgruppen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und NEOS.)

Barbara Prammer hinterlässt nicht nur als Mensch, sondern auch politisch eine große Lücke.

Danke Karlheinz Kopf und Norbert Hofer für die hervorragende Vertretung in dieser Zeit! Es war sicher schwierig, mit den MitarbeiterInnen des Hauses diesen Übergang so zu organisieren, auch angesichts der Betroffenheit, die wir alle am heutigen Tag noch spüren.

Jetzt zur Wahl der neuen Präsidentin: Ich denke, dass die politische Einigung vor dem Sommer auch noch einmal als eine historische Zäsur im Parlamentarismus, in der ös­terreichischen Kultur gewürdigt werden muss. Wir haben bei allen konstituierenden Sit­zungen immer sehr deutlich ausgeführt, dass die Frage des Umgangs der Mehrheit mit der Minderheit eine sehr relevante politische Frage ist. Und wir haben auch immer wie­der eingemahnt, dass es einen neuen Parlamentarismus braucht, ein sehr viel selbst­bewussteres Parlament, das sich nicht als verlängerte Werkbank der Regierung ver­steht, sondern in sehr vielen Fragen sehr eigenständig Dinge beurteilt und kreiert, und in diesem Sinne auch Gesetze selbständig beschließt. Das ist in der Vergangenheit viel zu selten der Fall gewesen.

Jetzt haben wir eine Situation, die es seit 24 Jahren – soweit ich jetzt historisch ge­forscht habe – nicht gegeben hat, nämlich dass die Präsidentin de facto direkt von der Regierungsbank an die Spitze der Legislative, des Nationalrates gewählt wird. Das ist mit Sicherheit eine sehr, sehr große Herausforderung, und es ist mit Sicherheit auch ein Rollenwechsel und ein neues Rollenverständnis notwendig.

Ich verhehle nicht, dass es in unserer Fraktion diesbezüglich eine gehörige Portion Skepsis gibt – ich sage das auch offen –, aber ich persönlich traue Ihnen diesen Rol­lenwechsel zu, ich glaube, Sie werden das schaffen. Wir haben zwar gerade mit Ihrem Ressort in der Vergangenheit, was das Interpellationsrecht – also auch ein Kontrollins­trument des Nationalrates – betrifft, nicht die allerbesten Erfahrungen gemacht, und ge­rade das ist auch eine wichtige Frage: dass Minister, Ministerinnen dieses Kontrollrecht des Hohen Hauses in Zukunft ernster nehmen. Wir haben nicht die Möglichkeit wie in Deutschland, zum Verfassungsgerichtshof zu gehen, wenn unsere Fragen, die wir im Sinne der Bevölkerung, auch im Sinne der Kontrolle stellen, nicht genügend beantwor­tet werden. Da wünsche ich mir – auch an die Regierung gerichtet – eine neue Kultur, diese Kontrollrechte des Parlaments auch ernst zu nehmen. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Vavrik.)

Ich werde Sie wählen, ich traue Ihnen diesen Rollenwechsel zu. Wir werden Sie voll dabei unterstützen, wenn Sie den Weg, den auch Barbara Prammer gegangen ist, wei­tergehen, nämlich eine große Unabhängigkeit gegenüber der Regierung zu entwickeln, auch dieses Parlament als unabhängiges zu sehen. Barbara Prammer hat sich immer auf die Seite der Kontrollrechte des Parlaments gestellt, wenn es Konflikte gegeben hat.

Ich denke, die große Bewährungsprobe wird allerdings in Form des Untersuchungs­ausschusses auf Sie zukommen. Die Vorsitzführung ist sicher eine sehr, sehr heikle Aufgabe, vor allem da Sie in den letzten Jahren Teil dieser Regierung waren und unter Umständen auch Regierungsmitglieder und auch die Tätigkeit der jetzigen Bundesre­gierung auf dem Prüfstand stehen wird. Das sind also sicher sehr, sehr große Heraus­forderungen.

Ich werde Sie in der Präsidiale mit voller Kraft dabei unterstützen, eine unabhängige Präsidentin zu sein, die genau diesem Grundsatz mit hundertprozentiger Überzeugung


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