Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung / Seite 60

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aber trotzdem auch versucht, das Gegenüber von den eigenen Standpunkten zu über­zeugen. Ich glaube, dass das sehr wichtig ist in einer Demokratie.

Es hat in Österreich schon Versuche gegeben, auch Parteien ins Leben zu rufen, die gemeint haben, man komme ohne Ideologie aus, ohne feste Weltanschauung, eine Happiness- und politische Wellnesskultur, in der man einmal so und einmal so ent­scheidet, und wir haben erlebt, dass diese Experimente gescheitert sind. Ich glaube, dass Österreich, dass die Politik mehr denn je Menschen braucht, die eine feste innere Überzeugung haben und alles daransetzen, dieser Überzeugung auch zum Durch­bruch zu verhelfen, ohne die eigene Weltanschauung zum Dogma zu erheben. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Ich habe größten Respekt vor jedem/jeder Einzelnen hier im Hohen Haus, der/die in die Politik gegangen ist, um die eigenen Ideale, die eigene Weltanschauung auch um­zusetzen. Egal, ob das umweltbewegte Menschen sind, egal, ob das Menschen sind, die sich sehr stark für Soziales einsetzen, Menschen, die einen christdemokratischen Zugang haben, oder Menschen, die zu meiner Fraktion tendieren, in deren Statuten es im ersten Satz heißt: Freiheit ist unser höchstes Gut!, oder zu den NEOS oder zum Team Stronach – jeder, der sich hier einbringt, hat Respekt verdient, aber – und das möchte ich auch unterstreichen – wir brauchen auch den Streit, wir brauchen auch diese Streitkultur.

Es gibt immer wieder Kritik vonseiten der Bürger, es werde schon wieder so viel ge­stritten im Parlament, das mache gar keinen guten Eindruck. Ich möchte Ihnen sagen: Wenn wir diesen Streit im Parlament nicht hätten, wenn wir diese Emotionen nicht hätten, dann hätten wir eine Einheitspartei im Parlament, dann diskutierten wir ohne Emotionen, dann wäre alles einstimmig, und eine solche „SED-Kultur“ wollen wir in un­serem Parlament natürlich nicht haben. Wir brauchen diese Vielfalt und diesen Streit, wir müssen aber gleichzeitig auch darauf achten, dass Emotionen niemals in Hass um­schlagen. Das ist der wesentliche Punkt. (Allgemeiner Beifall.)

Wir müssen auch immer dort die Grenze setzen, wo Angriffe sehr persönlich werden und unter die Gürtellinie gehen. Das soll nicht der Fall sein. Aber die Kritik an einer an­deren politischen Linie ist sehr wichtig, und wir können stolz sein, dass wir diese Kultur in Österreich haben.

Frau Präsidentin Prammer hat sich sehr für ein selbstbewusstes Parlament eingesetzt. Es ist daher notwendig, diesen Weg fortzuschreiten – durch einen starken Budget­dienst, durch einen starken Legislativdienst, durch einen weiteren Ausbau der Kontroll­rechte, denn wir Mandatare sind verpflichtet, zu kontrollieren. Diese Kontrolle tut auch den Kontrollierten gut und ist gut für unsere Republik Österreich.

Ich habe Frau Präsidentin Prammer, die in den letzten Monaten einen sehr schwierigen Weg zu gehen hatte, nie jammern gehört, niemals jammern gehört. Sie hat ihren Weg immer fortgesetzt, bis zuletzt für dieses Haus gearbeitet. Nur ein einziges Mal habe ich gesehen, dass sie eine Träne in ihrem Auge hatte – das aber nicht aus Leid, sondern aus Freude darüber, dass es gelungen ist, einen Sechs-Parteien-Beschluss zur Sanie­rung dieses Hauses zu fassen. Das war sehr bewegend und sehr berührend.

Sehr geehrte Frau Bures, ich wünsche Ihnen für diese verantwortungsvolle Aufgabe, die Sie übernehmen, alles, alles Gute! Sie werden sehen, dass die Aufgabe in der Prä­sidiale, gemeinsam an einer Fortentwicklung unserer Demokratie zu arbeiten, eine sehr dankbare ist, dass sie auch wirklich Spaß und Freude macht. Ich habe Sie bisher kennengelernt als eine Frau, die auch ihre feste weltanschauliche Ausrichtung hat und die auch immer gerne diskutiert und sich mit anderen Weltanschauungen auseinan­dersetzt. Ich freue mich auf diese gemeinsame Arbeit und wünsche Ihnen alles Gute für die zukünftige Aufgabe.

 


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