Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung / Seite 70

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Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen angesichts einer sehr schwierigen Aus­gangssituation in Europa aufgrund einer noch vor wenigen Monaten oder Jahren un­vorstellbaren Tatsache doch einiges sagen.

Krieg in Europa gehört, hatten wir eigentlich geglaubt, der Vergangenheit an. Krieg in einem Teil Europas, in dem Menschen um ihre Selbstbestimmung und Freiheit kämp­fen müssen, ist, hatten wir geglaubt, in unserer Zeit nicht mehr notwendig. Wir sehen aber, dass die Appelle in Richtung Dialog, die ich unvermindert für die richtigen halte, die Appelle in Richtung einer friedlichen Lösung in der Ukraine, einer klaren Haltung Russlands, diese friedliche Lösung unter Beachtung der Souveränität und der Freiheit der Ukraine zu beachten, nicht ausreichend befolgt werden und dass dieser Dialog zur Stunde nicht weitergeht. Der Dialog ist nicht geprägt von der Ernsthaftigkeit der Aus­einandersetzungen, wenn immer mehr russische Soldaten und russische Kriegsgeräte in der Ukraine eindeutig festgestellt werden.

Das hat mit Respekt vor der Souveränität eines Landes nichts zu tun. Das hat mit Frei­heit und Selbstbestimmung eines Landes nichts zu tun. Daher ist es unsere Aufgabe, nicht das gute gemeinsame Geschäft in den Vordergrund zu stellen, sondern die Freiheit zu verteidigen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Wer die Freiheit nicht verteidigt, wird sie verlieren. Und auf die Freiheit erst draufzu­kommen, wenn sie einen selbst betrifft, wäre zu spät. Daher hat die Europäische Union die Vorgangsweise eingeschlagen, politisch Präsident Putin darauf aufmerksam zu ma­chen, dass er das Völkerrecht zu respektieren und die Freiheit eines Landes zu ge­währleisten hat, dass er sich nicht mit fadenscheinigen Ausreden, nämlich russische Soldaten seien gerade auf Urlaub, wenn sie in der Ukraine angetroffen werden, davon­schwindeln soll, sondern in diesen Friedensprozess einzusteigen hat.

Ich weiß, sehr verehrte Abgeordnete, sehr verehrte Damen und Herren, dass die Frei­heit mit friedlichen Mitteln zu verteidigen ist. Wir gehören nicht zu jener Gruppe, die auch in Europa immer lauter wird und sagt: Die Freiheit ist zu verteidigen, indem wir als Europäische Union Waffen an die Ukraine liefern! Es werden auch jene lauter, die sa­gen: Auf militärische Fragen gibt es nur militärische Antworten! Es werden auch jene lauter, die von Truppenaufmärschen und anderen militärischen Mitteln sprechen.

Wir Österreicherinnen und Österreicher reden der friedlichen Entwicklung das Wort, politischen Antworten und dem Dialog. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir sind überzeugt davon, dass der Einsatz für friedliche Lösungen die einzige Chance ist, die militärische Logik zu durchbrechen.

Ich weiß, dass wir derzeit in Europa auch heftige Diskussionen darüber haben, was diese gemeinsame Vorgangsweise bedeutet, etwa im Bereich von Sanktionen, aber auch im Bereich der Eintrübung der wirtschaftlichen Entwicklung einfach durch die Un­sicherheit.

Österreich ist – ich darf das als Beispiel bringen –, was die Entwicklung der Import- und Exporttätigkeit mit Russland betrifft, wenn Sie allein die Zahlen ansehen, nur zu 2,8 Prozent betroffen. Das klingt nicht viel, aber psychologisch und aufgrund der kon­kreten Betroffenheit ganz bestimmter Bereiche, einzelner Betriebe, einzelner Landwir­te, einzelner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer macht uns das besorgt.

Wir als Regierung haben es daher auch übernommen, jetzt die Koordination einzulei­ten, wie wir diesbezüglich in Österreich reagieren, nämlich auf eine Eintrübung der wirt­schaftlichen Entwicklung durch die Unsicherheit, die dadurch entsteht, dass in einem Teil Europas Krieg geführt wird.

 


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