Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung / Seite 101

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Also wenn Sie dieses Bild ein bisschen auf die Goldwaage legen, dann kommen Sie zu Schlüssen, die vielleicht nur für eine Fraktion gelten und nicht für beide. (Heiterkeit und Beifall bei Team Stronach, FPÖ und NEOS.)

Herr Kollege Cap hat ja auch auf seine elegante Art dem Koalitionspartner gewisse Dinge ausgerichtet. Es war wohl Wunschdenken, hat man doch gesehen, dass sich der Herr Minister Mitterlehner dabei ein bisschen weggedreht hat.

Ähnlich verfahren ist die Situation innerhalb der Österreichischen Volkspartei, wo aller­dings die Konflikte weitaus öffentlicher ausgetragen werden, als man das bei Ihnen hört. Obwohl: Bei Ihnen spricht man auch schon lautstark über den November-Partei­tag und stellt die sogenannte Kernfrage.

Ihr voriger ÖVP-Parteiobmann, Herr Michael Spindelegger, hat versucht, im Konsens­wege die wichtigsten ÖVP-Bündevertreter und Bundesländer-Vertreter einzubinden – und ist letztlich genau an denen gescheitert, die er immer zusammenzuhalten versucht hat.

Als ich gehört habe, dass Reinhold Mitterlehner designierter ÖVP-Parteichef ist, habe ich mir gedacht: ein Kämmerer, ein Apparatschik, eine Fortsetzung der Politik, ja viel­leicht sogar ein Linksruck? Wenn ich mir heute anschaue, welches Buch Mitterlehner als Erstes als Vizekanzler hier hergezeigt hat, nämlich eines von der Gewerkschaft, habe ich mir auch gedacht: Na ja, was wird denn das werden, was liest er zu Hause? – Aber vielleicht ist diese Einschätzung zu vordergründig, denn die erste große Überra­schung, die Mitterlehner geliefert hat, war jene mit der Besetzung des Finanzministeri­ums mit Hans Jörg Schelling.

Ich halte das in dreifacher Weise für interessant. Erstens wurde da offensichtlich die ÖVP Niederösterreich einmal nach allen Regeln der Kunst ausgebootet, und wenn eine hochrangige Vertreterin der ÖVP Niederösterreich nach der Bestellung von Schelling noch sagt, sie hätte sich „lieber einen Experten“ gewünscht, dann lässt das teilweise tief blicken.

Insgesamt finde ich es allerdings erfreulich, wenn sich da Sonderinteressen nicht durch­setzen. Und genauso erfreulich ist es eigentlich auch, dass das Bünde-Denken in der ÖVP da offensichtlich nicht zum Tragen gekommen ist. Ich kann mich noch erinnern, als ein Vertreter des Bauernbundes einmal laut gesagt hat, der Herr Bundesparteiob­mann werde schon wissen, welches zweite Ministerium er dem Bauernbund zuweisen werde, wobei ich wirklich nicht weiß, warum das gerade ein Qualifikationsmerkmal sein soll.

Wenn man also jetzt in der ÖVP von dieser Bünde-Struktur abgegangen ist, dann kann ich der ÖVP insofern nur gratulieren.

Eine dritte Überraschung ist es, dass jemand, der als Finanzminister nominiert worden ist, der Ruf vorauseilt, dass er wirtschaftlichen Verstand und Saniererqualitäten hat. Solche Qualitäten sind gerade in der jetzigen Situation wichtig, denn die Aufgaben sind bekanntlich vielfältig. (Beifall beim Team Stronach.)

Zum Thema Aufgaben. Erstens: Die Staatsschuld schnellt in die Höhe. Zweitens: Die Republik hat drei verstaatlichte Banken zu bewältigen. Drittens: Bei der Hypo Alpe-Adria droht eine Prozesslawine. Viertens: Sowohl eine Steuerreform als auch eine Ver­waltungsreform sind zu bewältigen. Fünftens: Die Bundesländer sind in ihren Begehr­lichkeiten zu zügeln, was sich beim nächsten Finanzausgleich zeigen muss.

Ein Stichwort noch: Ich glaube nicht – wie aus der grünen Fraktion irgendwie ange­deutet wurde –, dass es um die Qualifikation des liebevollen Umganges im Finanzmi­nisterium geht, denn Sie werden diese Steuerreform, die in aller Munde ist, zu bewäl­tigen haben. Ich wiederhole noch einmal den Vorschlag, eine abgestufte Steuerreform


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