Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung / Seite 153

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Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Damen und Herren auf der Re­gierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vor ziemlich genau neun Monaten, als die letzte Regierung angelobt worden ist, die Aufteilung der Minis­terien, und zwar zwei Staatssekretäre und ein Minister im Finanzministerium, Abschaf­fung des Wissenschaftsministers und Übertragung von zwei Ministerien an einen Mi­nister, sehr scharf kritisiert und als Ohrfeige für den Wissenschafts-, Universitäts- und Technologiestandort Österreich bezeichnet. Es freut mich daher umso mehr, Herr Vizekanzler, dass Sie unsere beziehungsweise meine Forderung aufgenommen, die­sen Unfug beendet und wieder einigermaßen normale Verhältnisse, zumindest in der Anordnung der Ministerien, hergestellt haben.

Österreich ist ein Land der Denker. Österreich ist ein Land der Forscher. Wir sind ein Land der Erfinder und der begnadeten Techniker. Und wir sind ein Land der Innova­tionen, davon leben wir.

Diese Innovation, über Jahrzehnte gelebt, hat uns den heutigen Wohlstand beschert. Es ist auch kein Geheimnis, das, was ich jetzt hier sage, ist eine Feststellung und eine Beschreibung der Vergangenheit. Wenn wir wollen, dass wir den Wohlstand in Ös­terreich behalten, dann müssen wir darauf achten, dass diese Innovation weiterhin ihre Kraft behält, dass die jungen Menschen weiterhin die beste Ausbildung bekommen, dass sie studieren können, was sie studieren wollen, dass – auf Deutsch gesagt – das beste Potenzial unserer wirklich tüchtigen Jugend zur Geltung kommt. Ohne Innovation droht ein Rückfall in die Mittelmäßigkeit, ein Verlust an Lebensqualität, an Wohlstand und vieles mehr.

Wir haben heute vom Herrn Finanzminister gehört, dass keine Spielräume vorhanden sind. Was ich hier aufgezählt habe, kostet natürlich Geld, und mit „sollten wir“, „müss­ten wir“ und dergleichen Ankündigungen werden wir nicht weiterkommen. Wir sind „den Steuerzahlern verpflichtet“, sagte der Finanzminister – sehr wohl, das sind wir. Wir sind aber auch unserer Jugend verpflichtet, dass sie die beste Ausbildung genießen kann. Wir haben heute keinen Spielraum mehr, sagte der Finanzminister. – Ja, deswegen wird alles beim Alten bleiben.

Und es nützt alles nichts, was heute hier gesagt worden ist, es nützt auch nichts, wenn man sagt, der Wissenschaftsstandort wird aufgewertet, wir führen ein Mehr an formaler Fachkompetenz dadurch ein, dass jetzt eine Ärztin im Gesundheitsministerium sitzt und ein Staatssekretär ins Wissenschaftsministerium kommt. Wenn kein Geld da ist und alles so läuft, wie es war, werden wir schlicht und einfach nicht weiterkommen.

Tatsache ist auch – das ist heute überhaupt noch nicht gesagt worden –: Wir hatten in den letzten neun Monaten drei Finanzminister. Das ist eine Tatsache. Und wir hatten, wenn man es noch weiter überspitzen möchte, drei Finanzminister und zwei Staatsse­kretäre. Ich sage Ihnen, das ist ein irrer Verschleiß. Wir haben es heute schon gehört: die Einarbeitungsphase, die Ausarbeitungsphase. Hier ist ein Stillstand entstanden, und deswegen haben wir den Antrag eingebracht, heute hier der Regierung das Miss­trauen auszusprechen, auch wenn – wie gesagt – die formale Fachkompetenz in die­sem Bereich durchaus anzuerkennen ist.

Wenn die Aufwertung des Wissenschaftsstandortes Österreich keine leere Worthülse in Sonntagsreden bleiben soll, dann muss auch ein Anreiz für Studierende gesetzt wer­den. Und es muss nicht nur für Studierende ein Anreiz gesetzt werden, es muss auch die Infrastruktur für die Lehrenden gegeben sein. Wir haben heute – wie es auf Neu­deutsch so schön heißt – einen unglaublichen Braindrain, nicht nur in den medizini­schen Fachbereichen, sondern auch in sämtlichen anderen Fächern.

Herr Vizekanzler! Sie sind jetzt Vizekanzler, Sie haben jetzt, glaube ich, einen größe­ren Spielraum als vorher, und deswegen glaube ich, dass es kein Problem sein wird,


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