Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 56

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was, was noch viel wichtiger ist als die Neutralität, nämlich der Rechtsstaat, die Demo­kratie und die Menschenrechte. Und wer das nicht versteht, der versteht auch nicht, was nicht nur die Aufgaben eines neutralen Staates sind.

Jetzt beginne ich ganz bewusst mit den USA und der NATO: Ich halte die Politik der USA in der Ukraine für verantwortungslos und gefährlich! Ich halte die Politik der NATO gegenüber Russland für verantwortungslos und gefährlich! Das Versprechen, das 1989 gegeben worden ist, nämlich keine NATO-Osterweiterung bis an die russischen Gren­zen, damit sich Russland sicher fühlen kann, ist ganz offensichtlich gebrochen worden. Und der schwerwiegendste Bruch dieses Versprechens findet seit Längerem in der Uk­raine statt. Das ist die eine Seite. Das ist verantwortungslos und gefährlich.

Aber es gibt etwas anderes, was weit darüber hinausgeht, und das ist eine blanke mili­tärische Aggression. Das ist ein Überfall, und zwar ein militärischer Überfall auf einen europäischen Staat. Und darüber müssen wir reden. Präsident Putin sagt noch nicht offen, was er nach der Krim als Nächstes vorhat. Aber die Kreise um ihn reden längst nicht nur in Moskau, sondern auch in Wien bei ihren Treffen ganz offen.

Da gibt es einen Alexander Dugin, der längst nicht mehr von der Ostukraine spricht, sondern der auch in Wien – in Ihrer Gegenwart, Herr Klubobmann Strache! – über „No­worossija“ gesprochen hat. „Neurussland“ heißt das bei Dugin, dem Putin-Berater, und bei Maxim Schewtschenko, einem weiteren Rechtsextremisten und Kopf des soge­nannten Anti-Orange Committee. (Abg. Strache: Das ist ein Unsinn!) Sie sprechen von „Noworossija“, und „Neurussland“ ist nach Meinung dieser engen Putin-Verbündeten längst ein künftiger legitimer Teil Russlands, wo Russland das Recht hat, wie auf der Krim das Militär einzusetzen, um „Noworossija“ sozusagen nach Russland heimzuho­len. – Das ist das großrussische Projekt.

Ich frage die Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei gerade in Anbetracht ihrer Parteigeschichte: Können Sie es wirklich verantworten, ein großrussisches Pro­jekt mitten in Europa politisch zu unterstützen? – Ich halte das für vollkommen verant­wortungslos! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die letzte österreichische Partei, die einen russischen Überfall auf einen unabhängigen europäischen Staat gerechtfertigt hat, war die Kommunistische Partei Österreichs. (Abg. Strache: Sie sind schon schlimmer als der Verschwörungstheoretiker Stadler!) Diese war aus guten Gründen schon lang nicht mehr im österreichischen Nationalrat. Die Freiheitliche Partei ist die erste österreichische Parlamentspartei, an die ich mich erinnern kann, die den militärischen Überfall auf einen souveränen Staat politisch rechtfertigt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Diese Politik, solche Aussagen und solche Ansichten haben in keinem Parlament der Europäischen Union auch nur irgendetwas verloren! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Herr Klubobmann Strache, ich frage Sie persönlich etwas. Wenn in Wien alles schlecht ist, und wenn in Moskau alles gut ist: Warum gehen Sie nicht nach Moskau? (Beifall und Heiterkeit bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.) Warum gehen Sie nicht nach Moskau? Warum gehen Sie nicht zu Dugin? Warum gehen Sie nicht zu Schewtschenko? (Abg. Strache: Warum gehen Sie nicht nach Kuba?) Warum gehen Sie nicht zu Putin? Dort wäre die Freiheitliche Partei bedauerlicherweise mehr­heitsfähig. In diesem Nationalrat ist großrussische und freiheitliche Politik zum Glück nicht mehrheitsfähig. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir sind neutral. Wir werden die österreichische Neutralität gegenüber gefährlicher amerikanischer und NATO-Politik verteidigen, aber wir werden sie vor allem gegenüber aggressiver großrussischer Politik verteidigen. Es ist wichtig, dass Neutrale Vorschläge machen, wie Frieden in der Ukraine und auch ein Verständ­nis für die legitimen Sicherheitsinteressen Russlands aussehen und wie europäische


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