Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 36

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auch zu berücksichtigen. Wenn dann aber der Wiener Bürgermeister 600 Flüchtlinge in einer Millionenstadt aufnimmt und die FPÖ das ebenfalls kritisiert, dann drängt sich mir schon der Verdacht auf, dass es Ihnen nicht darum geht, dass in kleinen Gemeinden die Integration von Flüchtlingen wahrscheinlich schwieriger ist, sondern dass es Ihnen ganz grundsätzlich um die Stimmungsmache geht. Sie wollen keine Flüchtlinge, son­dern Sie wollen politisches Kleingeld mit dieser Flüchtlingsdebatte wechseln. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist das, was ich eigentlich als wirkliches Problem sehe: Hier zu sitzen in einem warmen Parlamentspolstersessel, das Glück zu haben, in Österreich in einem stabilen Land zu leben, in dem wir – zumindest momentan – alle die Gewissheit haben können, dass wir in Sicherheit leben. Hoffen wir, dass das so bleibt (Abg. Walter Rosenkranz: Außer es fliegen Steine bei einer Demonstration!), dass Sie nie flüchten müssen, dass ich nie flüchten muss, dass wir alle nie flüchten müssen. Das kann nämlich schneller gehen, als man denkt, wenn man sich etwa den Jugoslawienkonflikt oder den Konflikt in der Ukraine anschaut. Hoffen wir, dass das in diesem Land immer so bleibt! (Abg. Kickl: Da ist es ja „ideal“, dass gerade das Bundesheer ruiniert wird!)

Aber auf die Zuckerseite des Lebens zu fallen und dann über jene 3 Millionen Menschen herzuziehen, die jetzt aus Syrien flüchten – ich sage noch einmal: Mord, Vergewalti­gung, Vertreibung –, das halte ich für unverschämt, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Strache: Der Meister der Unwahrheit, der Herr Steinhauser!)

Keine Frage: islamistischer Fundamentalismus ist abzulehnen. Das gilt genauso – wir sind ja konsequente Kritiker des Rechtsextremismus – für rechtsextreme Tendenzen wie für islamistisch-fundamentalistische Tendenzen. (Abg. Strache: Wie für linksextre­mistische Tendenzen!) Intoleranz, Gewalt, Diskriminierung von Frauen und Homose­xuellen, Antisemitismus – egal, welcher Weltanschauung oder welcher Religion – ha­ben keinen Platz und finden unsere Ablehnung. (Abg. Kickl: Dass Sie das Wort „Links­extremismus“ ... herausbringen! Können Sie das Wort „Linksextremismus“ ausspre­chen?)

Aber es ist auch notwendig, zu differenzieren. Sie zeichnen das Bild, dass der gesamte Islam fundamentalistisch geprägt ist. (Nein-Rufe bei Abgeordneten der FPÖ.) Ja, es gibt starke Strömungen im Islam, die einen Weg eingeschlagen haben, der zu kritisie­ren ist (Abg. Höbart: Abzulehnen, nicht „zu kritisieren“!), aber – und das ist wichtig – die Mehrheit der Muslime lehnt Fundamentalismus und alle diese aufgezählten fal­schen Wertvorstellungen ab, und diese Differenzierung ist wichtig (Abg. Kickl: Das Problem ist, dass Sie den anderen auf den Leim gehen!), und zwar aus folgenden Gründen – Kollege Amon hat es schon angesprochen –:

Die Opfer dieses islamistischen Fundamentalismus sind in erster Linie Muslime, näm­lich zweifach: dort vor Ort in Syrien und hier in Österreich, weil natürlich dieses Miss­trauen, das ihnen entgegenschlägt, dieser Generalverdacht auch für die Betroffenen extrem unangenehm ist.

Differenzierung ist auch deswegen wichtig, weil alles andere den Salafisten und Fun­damentalisten in die Hände spielt. Das Bild der Fundamentalisten und Salafisten schaut ja so aus: Egal, was ihr sagt, was ihr tut, es geht immer gegen den Islam, der Islam sei schlecht, und auf dieses Vorurteil bauen sie dann ihre Rekrutierung auf. Sie sagen, ihr könnt eh tun, was ihr wollt, der Islam wird abgelehnt. Und das ist dann der Nährboden, auf den die Fundamentalisten und Islamisten ... (Abg. Kickl: Schon wieder sind wir schuld! Schon wieder liegt das Problem in Europa! Wie naiv kann man sein? Das ist doch unglaublich! Das ist typisch diese 68er ...!) Sie sind, wenn Sie nicht dif­ferenzieren, mit schuld. Ja, Sie sind, wenn Sie sich nicht damit beschäftigen, mit schuld.

 


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