Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 144

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freulich – und dass medizinisch immer mehr möglich ist. Die Frage, die damit einher­geht, lautet: Wie finanzieren wir das? Und da laufen wir Gefahr, in eine Zwei-Klassen-Medizin zu kommen.

Unsere These ist: Wir werden dieses große Ziel, das wir hoffentlich gemeinsam verfol­gen, Frau Bundesministerin, nämlich beste Versorgung bei hoher Qualität für alle si­cherzustellen, nur dann erreichen können, wenn wir gewisse Schwachstellen im Sys­tem optimieren, wenn wir gewisse, ich möchte fast sagen, strukturelle Blödsinnigkeiten abstellen.

Um das auf eine technische Ebene zu bringen, möchte ich hier den Rechnungshof zi­tieren, denn – und Ihre Beantwortung zeigt das; danke für die vielen Antworten, Frau Ministerin; ich sehe, Sie sind da schon gut eingearbeitet, das ist erfreulich – es geht mir in der Bundesregierung der Mut zu einer ganz entschlossenen Erneuerung im Ge­sundheitssystem ab, der fehlt. Und das geht einher mit der Frage des Föderalismus, und da kann ich keine Änderung erkennen.

Ich möchte Sie ermutigen – das ist die Kernfrage für die Zukunft –: Wenn wir Ge­sundheit für alle auf hohem Niveau sicherstellen wollen, dann brauchen wir entschie­dene Erneuerung, und zwar auf Basis des Föderalismus.

Ich habe gelesen, Sie, Frau Minister, gehen jeden Tag in der Früh mit Ihrem Hund spa­zieren. Und wenn Sie jeden Tag Mut fassen, Frau Ministerin, für Erneuerung, und zwar für grundsätzliche Erneuerung, dann wird Ihnen das gelingen, aber das kostet Mut. Der Bundesrechnungshof liefert Ihnen die Argumentationslinie dazu.

Sie finden im Bundesrechnungsabschluss 2013 zur Frage, ob wir das Gesundheitssys­tem in Zukunft nachhaltig finanzieren können, folgende Feststellung:

„Im Bereich des österreichischen Gesundheitssystems besteht dringender Handlungs­bedarf. Dieser betrifft insbesondere die komplexe bzw. fragmentierte verfassungsrecht­liche Kompetenzverteilung und intransparente Finanzierungsstruktur, die zersplitterte Organisationsstruktur im Krankenanstaltenbereich, das unzureichende Personal- und Dienstrecht und Strukturprobleme im Sozialversicherungsbereich.“

Also übersetzt heißt das: Die Landschaft im Gesundheitsbereich ist völlig zersplittert, und der Föderalismus ist ein Hund. Und ich bin ein Föderalist, ich bin ein Vorarlberger, das haben wir in der Muttermilch, da kannst du gar nicht anders, aber Föderalismus in Österreich bedeutet organisierte Verantwortungslosigkeit. Das ist das Problem!

Wir sehen das natürlich auch und gerade im Gesundheitsbereich. Wenn wir eine be­sonders eklatante Statistik hernehmen, dann hat das mit Föderalismus zu tun, nämlich die Spitalsbetten. Zahl der Spitalsbetten pro 1 000 Einwohner in Österreich: 7,6. Der europäische Durchschnitt liegt bei 4,5. Jetzt werden manche sagen: Seien wir doch froh, dass wir so viele Spitalsbetten haben, das zeugt ja von Qualität!, aber das glaube ich wiederum nicht. Das zeugt von Föderalismus!

Wenn wir die Spitzenreiter der europäischen Gesundheitssysteme in Hinblick auf Ver­sorgung und Patientenzufriedenheit hernehmen – das sind die Niederlande, Belgien, Dänemark –, dann sehen wir, die haben nur die Hälfte an Spitalsbetten. Die haben aber wesentlich größere Fortschritte gemacht oder sind viel weiter vorne in der Frage der niederschwelligen Versorgung und auch in der Frage, wie der niedergelassene Be­reich organisiert ist.

Ich weiß, Sie haben sich diesbezüglich einiges vorgenommen, Frau Minister, aber wir kommen nicht wirklich in die Gänge, weil uns da natürlich auch der Föderalismus einen Strich durch die Rechnung macht. Die Landeskaiser bauen sich Denkmäler in Form von Krankenhäusern ohne Rücksicht auf die Kosten und ohne die Frage zu beachten:


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