Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 69

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doch nur einmal für drei Stunden in eine österreichische Allgemeinpraxis, und bitte nehmen Sie vielleicht auch einmal das Wort „Hausarzt“ in den Mund! Das wäre nütz­lich, denn Primary Health Care und Primärversorgung verstehen in Österreich sicher nicht so viele. (Beifall bei der ÖVP sowie Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das Wesentliche in dem Gesetz ist zum einen eine gemeinsame Ausbildungsschiene, neun Monate, und sind zum anderen neue Inhalte wie die Lehrpraxis. Zur Lehrpraxis möchte ich sagen, es ist wirklich der ehrliche Versuch, kein Potemkinsches Dorf aufzubauen – die bisherige Praxis funktioniert seit 20 Jahren nicht –, wir sind wirklich ehrlich bemüht. Allerdings kann das Ergebnis nicht an einem Tag geliefert werden. Alle erwarten immer den Big Bang, dass von oben etwas runterfällt, ein Packerl, auf dem „Gesundheitsreform“ draufsteht; auch mein Kollege von den NEOS, der dann sagt, ich sei sachlich und zynisch. Leute, eine Gesundheitsreform ist ein permanenter Prozess!

Ich bin gestern nicht traurig, aber wieder einmal ernüchtert heimgegangen, vorbei an den Denkmälern von Victor Adler, Reumann und Hanusch. Das waren Sozialpolitiker – nicht meiner Partei, aber große Sozialpolitiker –, und einer von ihnen war ein Hausarzt. Er hat sich für die Leute am Wienerberg eingesetzt. Heute braucht sich der Hausarzt nicht für Leute am Wienerberg einzusetzen, weil die wohnen in ganz schönen Wohnun­gen. Heute würde sich ein Hausarzt wie Herr Dr. Rasinger – wäre er Victor Adler – dort für 80-jährige Frauen einsetzen, die leicht verwirrt und allein sind und Hilfe benötigen.

Gesundheitspolitik entwickelt sich in kleinen Schritten, das muss man einmal ver­stehen. Das fällt nicht vom Himmel runter. Auch wenn immer wieder von Gesund­heitsreform, von Primary Health Care gesprochen wird – das sind alles kleine, kleine Schritte, und heute machen wir einen kleinen Schritt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei Grünen und Team Stronach.)

Jetzt sage ich Ihnen etwas, das ist jetzt auch ein bissel eine Lehrstunde, aber ich habe den Vorteil, dass ich mich seit 30 Jahren in diesem System bewege: Wir haben welt­weit die beste Notfallversorgung. Wir haben weltweit die beste Hubschrauberver­sor­gung. Wenn Sie in einem kleinen Tal sind, im Kleinwalsertal zum Beispiel, und Hilfe brauchen, werden Sie sich freuen, dass es einen Notfallhubschrauber gibt. Es gibt sogar einen in Wien.

Wir haben weltweit – weltweit hat man jetzt gesagt! – die beste Behandlungskette bei Brustkrebs. Als ich mit dem Medizinstudium begonnen habe, ist jede dritte Frau an Brustkrebs gestorben – heute überleben 80 Prozent der Frauen.

20 000 ÖsterreicherInnen wird jährlich eine neue Hüfte eingesetzt; nicht irgendjeman­dem Besonderen, sondern Otto Normalverbrauchern, die bei mir in der Ordination aus und ein gehen. Sie brauchen nur die e-card hinlegen, ob sie ein kleines oder ein großes Einkommen haben, ist völlig wurscht.

Das ist, wie gesagt, ein Wert, den es weltweit nicht gibt, und das muss man einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich sage Ihnen eines: Ich bin Hausarzt und ich bin wirklich sehr demütig, weil ich jeden Tag Hausbesuche mache und Leute sehe, die krank sind. Gott sei Dank geht es denen besser als vor 50 Jahren – vielleicht geht es ihnen in 20 Jahren noch besser. Und ich als Politiker möchte dazu beitragen, dass es ihnen vielleicht noch einmal einen kleinen Schritt besser gehen wird.

Ich möchte kein Taferl wie der Victor Adler haben, aber ich habe in den 20 Jahren große Politiker erlebt. Eine Lore Hostasch – sie war keine Ärztin – war gut. Ich haben einen Stadtrat Alois Stacher erlebt. Ich habe auch einen Fredy Mayer aus Vorarlberg erlebt. Tolle Leute! Unser Ziel muss sein, schrittweise voranzukommen und nicht den


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