Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 61

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Ich habe jetzt einmal nachgesehen, was das ifo Institut schätzt an schlummernden Verbindlichkeiten in der EZB. Dort geht man von etwa 1 450 bis 1 600 Milliarden € aus. Das heißt, da wir ungefähr 2,8 Prozent Anteil an der EZB haben, macht unser Risiko­paket dort drinnen ungefähr 40 Milliarden aus.

Die ganze Politik, die die Misere, die ich geschildert habe, im Süden verursacht hat, die uns die Enteignung des Mittelstandes, das Wegschmelzen seiner Ersparnisse und pri­vaten Altersvorsorge bringt, hat uns auch noch Haftungsrisiken von über 40 Milliar­den € gebracht. Von den Target2-Verbindlichkeiten rede ich gar nicht, diesen kontokor­rentmäßigen Möglichkeiten, die Südstaaten innerhalb der Eurozone weiter zu finanzie­ren.

So, jetzt bleibt eines: Wer ist der Gewinner? Es gibt Lose-lose-Situationen, da gibt es dann einen Saldo, und irgendwer gewinnt auch dabei. Ja, wenn es überhaupt einen Gewinner gibt in dieser skurrilen Lose-lose-Situation, dann ist es natürlich der interna­tionale Finanzmarkt, dann sind es die großen internationalen Fonds, die in die Banken und in die Staatsanleihen investiert haben und denen ein Schuldenschnitt, ein Verlust durch Staatsbankrotte, durch Abwertung von Staatsanleihen infolge eines Währungs­wechsels und so weiter, erspart blieb. Die haben wir finanziert.

Ob das der Sinn der Sache ist, weiß ich nicht. Erfreulicherweise hat ja der Herr Minister selbst zumindest durchscheinen lassen, dass er hinter dem, was er zur Verteidigung der Politik gesagt hat, nicht so ganz steht. Er hat immerhin gesagt, dass diese Null­zinspolitik, die wir machen, die Situation verschleiert und Reformen verschleppt. – Voll­kommen richtig! Sie führt nämlich zu dem, was der Kollege Lopatka sehr richtig „Japa­nisierung“ genannt hat. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.) – Ich bin schon fer­tig! – Und diese Japanisierung verhindern wir nicht mit dieser Politik, sondern die ma­chen wir.

Wenn ich nur erinnern darf – damit bin ich fertig –: Japans Staatsverschuldung 1996: 63 Prozent, 2014: 249 Prozent, Deflation und Stagnation. Ist das der Weg, den wir ge­hen wollen? Nein! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.46


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lich­tenecker. – Bitte.

 


11.46.45

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wer sich inhaltlich mit Wirtschaftspolitik ge­nauer beschäftigt, weiß, dass es eine der großen Herausforderungen ist, eine kluge und zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik zu gestalten. Ja, Europa und auch Österreich sind in einer schwierigen Situation. Die Arbeitslosenraten sind sehr hoch, insbesondere bei den jungen Menschen, und Maßnahmen dagegen zu setzen ist ebenfalls eine durch­aus gewichtige Herausforderung.

Zur Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Draghi denkt an, Staatsanleihen zu kau­fen, mit dem Ziel, die Geldmenge zu erhöhen. Es wird die Frage sein, ob in der jetzigen Zeit, wo die Zinssätze ein historisches Tief haben, tatsächlich die erwünschten Wirkun­gen erreicht werden. Wir erleben die Situation in Japan seit Jahrzehnten, dass der Zinssatz so niedrig ist und sich dennoch die Wirtschaft nicht so entwickelt, wie es ei­gentlich gewünscht ist. Insofern darf man auch hier mit einer gewissen Skepsis darauf schauen.

Ich glaube, sowohl in Europa als auch in Österreich hat es andere Gründe, warum die Situation auf dem Arbeitsmarkt so schwierig ist, und einer davon ist, dass die Erwar­tungshaltung eine skeptische ist. Es sind eher Verunsicherung, Angst und Zögern zu


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite