Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 78

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Die große Diskussion – das ist auch schon angesprochen worden – ging um die Frage der Ausnahmen. Wir haben gesagt, diese mögen so „schlank“ wie möglich gehalten werden, aber natürlich gibt es Bereiche, in denen eine schnelle Entscheidung notwen­dig ist. Ich sage nur: Unterhaltsvorschuss-Verfahren. In derartigen Verfahren ist es eben auch existenziell, ob sie zumindest einstweilig schnell erledigt werden können oder wenn es zu einer Verfahrensverzögerung käme, wenn man diese Normenprü­fungskontrolle möglich gemacht hätte. Vor diesem Hintergrund haben wir eine sehr gute Einigung gefunden, und ich freue mich, dass wir das heute in diesem Rahmen auch so verabschieden können.

Natürlich wird man das – wie auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit – beobachten müs­sen, wo es in der Praxis Probleme gibt. Zurufe von außen gab es ja schon, nicht nur in der Stellungnahme, sondern auch medial, weil sich verschiedene StandesvertreterIn­nen Sorgen machen. Das muss man ernst nehmen und sich anschauen, ob diese Sor­gen berechtigt sind, ob man Abhilfe schaffen will oder ob eben andere Interessen da­rüber stehen und man deswegen diese Regelung auch so beibehalten muss.

Im Rahmen der Änderung dieses Verfassungsgesetzes ist auch eine einstweilige Ver­fügung eingeführt worden. Das ist sehr wichtig, dass auch der Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit hat, einstweilige Verfügungen umzusetzen. Das ist nur eine konse­quente Linie, die wir ja auch schon im Verwaltungsverfahren eingebracht haben.

Was mich aber – und das können Sie sich vorstellen – ganz besonders freut, ist, dass es uns gelungen ist, im Rahmen dieser Reform auch die schon sehr lange anstehende Frage der Offenlegung der Tätigkeiten – in dem Fall sind es ja leider keine Nebentätig­keiten, sondern Haupttätigkeiten – der Verfassungsrichter und Verfassungsrichterinnen zu regeln. Der Antrag, den ich diesbezüglich eingebracht habe, liegt schon längere Zeit zurück. Wir haben das zwar immer sehr offen diskutiert, aber am Anfang hat es für mich gar nicht danach ausgesehen, dass wir zu einer Einigung kommen werden. Ich hatte hier immer Unterstützung von Kollegen Stefan, aber auch von anderen Opposi­tionsparteien. Natürlich war die erste Reaktion des Verfassungsgerichtshofes, das frei­willig einzurichten. Das war sicher ein erster wichtiger Schritt, aber unsere und meine Überzeugung in diesem Zusammenhang war: Transparenz kann nicht auf freiwilliger Ebene erfolgen, sondern Transparenz und Kontrolle müssen festgeschrieben, und zwar gesetzlich festgeschrieben sein. Darüber haben wir sehr lange diskutiert, und um­so erfreulicher ist es, dass wir uns hier einigen konnten.

Natürlich hätte auch ich mir mehr gewünscht – mein Antrag, der heute mitverhandelt wird, hat auch mehr umfasst –, aber jetzt haben wir geregelt, dass Meldungen über Be­rufstätigkeiten und leitende Funktionen zu erfolgen haben, die dann veröffentlicht wer­den. Wir hatten auch die Gutachtertätigkeiten und auch die Beteiligungen an Unterneh­men vorgesehen, weil das natürlich auch durchaus zu Befangenheiten führen kann. Wir haben uns jetzt darauf verständigt, dass das von diesen von Ihnen schon ange­sprochenen strengeren Befangenheitsregelungen umfasst wird und dass ganz klar ist: Wenn der Anschein entsteht, weil ich ein Gutachten in diesem Fall vorweg, in welchem Rahmen auch immer, als Richter/Richterin erstellt habe oder weil ich eine Beteiligung beispielsweise an einer Rechtsanwaltskanzlei habe, die in diesem Verfahren schon ir­gendwann einmal beteiligt war, dann ist das ein Grund, mich für befangen zu erklären und mich aus diesem Fall herauszuhalten.

Das ist wieder ein durchaus überraschender, aber positiver Hinweis, dass es manch­mal möglich ist, dass man Oppositionsideen und Oppositionsanträgen folgen kann, und man nicht grundsätzlich davor die Augen verschließen muss.

Aber Sie können sich vorstellen, dass es nicht so ist, dass wir unsere Hände jetzt in den Schoß legen, sondern wir machen natürlich weiter in Sachen Transparenz, und da gibt es schon einen nächsten Anlassfall.

 


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