Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung / Seite 185

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wirtschaftskammer, und für die SPÖ im Bereich Arbeiterkammer. Ich habe heute be­reits von Parallelkönigreichen, Parallelfürstentümern gesprochen. Da haben wir ein wei­teres Beispiel für ein solches Parallelkönigreich.

Drittens widerspricht eine Zwangsmitgliedschaft grundsätzlich dem freiheitlichen Ver­ständnis von freiem und selbstbestimmtem Unternehmertum.

Viertens belasten die Beiträge im Vergleich zum wahrgenommenen subjektiven Nutzen der Unternehmen die Unternehmen mit viel zu hohen Kosten. Deswegen fordern wir sowieso auch die Reduzierung entsprechender Wirtschaftskammer-, aber auch Arbei­terkammerbeiträge. Das wäre auch ein Beitrag zum Beispiel zur Senkung der Lohnne­benkosten, ohne dass wir genötigt wären, den Leuten auf der anderen Seite wieder über offene oder versteckte Steuererhöhungen Geld aus der Tasche zu ziehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Schaut man sich die Systematik der Wirtschaftskammerbeiträge an – das wissen die meisten –, so gibt es die Grundumlage, die von der Wirtschaftskammer selbst eingeho­ben wird. Und dann gibt es die versteckten Beiträge, wobei viele Unternehmer – ich stelle einmal die Hypothese auf – das gar nicht so richtig mitbekommen. Die versteck­ten Beiträge Kammerumlage 1 und Kammerumlage 2 – oder Kammersteuer 1, Kam­mersteuer 2 kann man auch sagen – werden gleich direkt vom Finanzamt abgezogen und eingehoben; die Kammerumlage 1 auf die Vorsteuer, das heißt, das macht Inves­titionen teurer, und die Kammerumlage 2 auf die Lohnnebenkosten, das heißt, das ver­teuert den Faktor Arbeit.

Ein Beispiel, nur damit man eine Vorstellung von den Relationen und Dimensionen be­kommt: Ein Unternehmen im Norden von Graz mit ungefähr 25 Dienstnehmern zahlt im Jahr ungefähr 4 500 € Wirtschaftskammerbeitrag und noch einmal dasselbe an Arbei­terkammerbeiträgen. In Summe – es gibt Schätzungen – reden wir allein im Wirt­schaftskammerbereich von zirka 1 Milliarde €, die hier insgesamt an Einnahmen getä­tigt werden. Das wird einfach von sehr vielen Unternehmen als viel zu viel wahrge­nommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Thema Steuerreform: Da könnten durchaus ein paar Hundert Millionen € locker ge­funden werden, wenn man das nur wollte.

Die Zwangsmitgliedschaft schafft auch Rahmenbedingungen per se vom System, die die Kammern selbst von Reformen abhalten, die die Kammern im Verwalten von Be­sitztümern verharren lassen. – Das ist nicht von mir, das ist von Generaldirektor Eder von der voest.

Die Kammern sollten sich einmal selbstkritisch die Wahlbeteiligungsquoten anschauen. Diese sind seit 20 Jahren stark rückläufig, im Sinkflug sozusagen; 2010 41 Prozent, in Wien gar nur mehr 29 Prozent Wahlbeteiligung. Das sind ja Quoten von nicht funktio­nierenden Organisationen. 70 Prozent der Zwangsverpflichteten sagen im Umkehr­schluss: Das ist mir egal, wurscht! – Die gehen gar nicht hin. Das ist ja auch ein Zei­chen, ein Indiz.

Ich fasse zusammen: Wir Freiheitlichen wollen kein Auslaufmodell der Nachkriegszeit, das in Europa nicht mehr State of the Art ist. Wir haben das 21. Jahrhundert, wir haben 2014. Wir wollen ein modernes System der Interessenvertretung ohne Zwang. Wir wol­len eine Kammer als mitgliederorientierte Serviceorganisation und Interessenvertre­tung, und nicht eine funktionärsorientierte Selbstverwaltungsorganisation.

Und ganz wichtig: Wir wollen eine Kammer, die eine größtmögliche Anzahl an Mit­gliedern hat, da ihre Leistungen so gut und nutzbringend sind, dass jeder gerne frei­willig beitritt und auch seine Beiträge zahlt. (Beifall bei der FPÖ.)

17.57


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

 


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