Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung / Seite 104

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darauf hinausläuft, dass man sich gegenseitig die Schuld zuweist. Kollege Obernos­terer hat auch darauf hingewiesen.

Man hat ein bisschen das Gefühl, es gehe darum, beschämt, vielleicht ein wenig be­schämt – das hoffe ich! – hier zu stehen, bisweilen im Namen der Fraktion zu spre­chen, aber zu sagen: Ihr da drüben, ihr habt auch Schuld, ihr habt noch mehr Schuld oder ihr habt ein bisschen weniger Schuld. – Wie auch immer. Das ist ein wenig wie sich gegenseitig mit Dreck zu bewerfen und zu hoffen, dass zumindest irgendwo etwas kleben bleibt.

Es wird jedenfalls etwas kleben bleiben. Es klebt schon längst etwas, nämlich auf dem gesamten Politsystem Österreichs, aber vor allem auf dem Vertrauen, das die Bürge­rinnen und Bürger in dieses Haus und in die Politik insgesamt haben. Das ist neben dem wahnsinnigen finanziellen Desaster meines Erachtens die größte Tragik dieses Skandals: dieser enorme, dieser immense Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Politik. Das ist sehr, sehr beklemmend.

Umso wichtiger ist dieser Untersuchungsausschuss, der die politische Verantwortung klären wird, eine Verantwortung, die schon oft diskutiert wurde, aber die noch niemand wirklich wahrgenommen hat. Ich habe hier schon einmal gesagt: Verantwortung ist nicht nur in dem Sinne, dass irgendjemand zurücktritt, zu verstehen. Sehr viele politi­sche Akteure sind ja nicht mehr in der Politik, es sind allerdings viele noch in der Poli­tik. Da und dort wird man die Verantwortung noch übernehmen müssen und vielleicht auch gehen müssen.

Aber es geht vor allem auch um das Gefühl. Niemand stellt sich hin und sagt: Okay, wir haben es damals nicht besser gewusst, aber das ist schlecht gelaufen. Die Notver­staatlichung war keine Notverstaatlichung. – Vielleicht ist es nicht strafrechtlich rele­vant, es ist vielleicht auch politisch nicht mehr relevant, weil es keine Rücktrittsmög­lichkeit mehr gibt, aber zumindest eine Entschuldigung, zumindest irgendein Wort dazu wäre ganz wichtig und angebracht.

Vizekanzler Spindelegger, Mitterlehner – Entschuldigung! –, hat in einer Diskussion ge­sagt, ich glaube, es war in der Sendung „Im Zentrum“, das sei keine Frage der Indivi­dualschuld. Ich teile seine Aussage bis zu einem gewissen Grad. Wir werden sehen, da und dort wird es auch eine individuelle Schuld geben, aber es ist auch ein System­versagen. Das gibt auch der Bericht der Griss-Kommission wider.

Die Hypo Alpe-Adria ist ein Symbol eines Systems, und – das hat der Herr Vizekanzler nicht gesagt, ich aber sage es, und die Oppositionsparteien weisen darauf hin – die beiden Regierungsparteien haben dieses System geschaffen, in dem es möglich war, dass so etwas wie die Hypo Alpe-Adria passiert.

Die Klubobfrau des Teams Stronach hat auf den „NZZ“-Artikel vom Anfang des Jahres hingewiesen, auf den ich auch hinweisen möchte, der ja mehr als deutlich sagt, wie sehr überkommen dieses System ist und wie wichtig es ist, dieses Politsystem in Ös­terreich zu ändern. Denn wir wissen: Die Hypo Alpe-Adria ist nicht nur das Symbol des Versagens dieses Systems, sondern wird auch – und das prophezeie ich – zu einem Wendepunkt dieses Systems werden. Wir werden in zehn, vielleicht auch schon in drei Jahren, jedenfalls aber in zehn Jahren in den Geschichtsbüchern lesen: Damals, das war das letzte Aufflackern der rot-schwarzen Koalition – dann kam die Hypo Alpe-Ad­ria, dann hat es die Bevölkerung nicht mehr ausgehalten, dann gab es Aufklärung und eine Änderung dieses Systems.

Die Bevölkerung wird das nicht mehr vergessen, und Rot-Schwarz wird keine Mehrheit mehr haben, und das wird der Beginn der Dritten Republik, wie es die „NZZ“ fordert; darum, glaube ich, wird es durchaus gehen. (Abg. Kickl: Darf man das jetzt wieder sa­gen: Dritte Republik?) – Symbolisch. Das ist ein Zitat. (Abg. Schieder: Ein sehr muti-


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