Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll59. Sitzung / Seite 46

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Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Ak­tuellen Europastunde laut § 74b Abs. 2 in Verbindung mit § 97a Abs. 6 der Geschäfts­ordnung 5 Minuten nicht überschreiten darf.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


10.53.25

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sind natürlich mit einer Vermischungsstrategie konfrontiert. Auf der einen Seite ist es berechtigt, Hemmnisse abzubauen, auf der anderen aber ist die Frage der Definition, was sonst noch Hemmnisse sind, eine verborgene. Gemeint sind aber in Wirklichkeit Dinge wie Klima, Umweltschutz, nachhaltige Energiewirtschaft, gesunde Ernährung, bäuerliche Landwirtschaft, soziale Dienstleistungen, öffentliches Beschaffungswesen oder die gro­ßen amerikanischen Medienkonzerne, denen die Kultur- und Filmförderung und der au­diovisuelle Bereich in Österreich und in Europa, speziell in Frankreich, ein besonderes Anliegen sind, um das alles aufzubrechen. Das heißt, die hohen Standards sind Han­delshemmnisse. Das müssten Sie einmal aussprechen.

Obama schätze ich ansonsten sehr. Er hat ja jetzt gerade eine sehr gute Rede ge­halten und zu Recht erkannt, man solle die Mittelschichten entlasten und die Super­reichen weltweit, vor allem in Amerika, belasten. Aber da kommt er plötzlich mit dem Argument, es geht um China, es geht um die ökonomische Vorherrschaft der USA, um China entgegenzuwirken.

Wir alle wollen den freien Handel, ja, selbstverständlich, aber doch nicht mit dieser Per­spektive und nicht, indem eine verdeckte Debatte geführt wird. Diese Vermischung gilt es auch wirklich zu verdeutlichen.

98 Prozent der österreichischen Unternehmer sind mittlere und kleinere Unternehmun­gen, das sind rund 370 000. Wenn man in dieser privaten Einrichtung so eine Klage einbringt, dann muss man mit an die 8 Millionen Dollar rechnen.

Es gibt eine ganze Klagsindustrie, Anwaltskanzleien, die sich dumm und dämlich ver­dienen, und Risikofonds, die das noch finanzieren und schauen, wo man da klagen und noch etwas herausholen kann. Damit werden Staaten unter Druck gesetzt. Austra­lien und Südafrika war das schon zu viel, die haben das schon aufgekündigt. Es gibt immer mehr Staaten, die sagen, sie wollen das gar nicht, sie wollen so eine private In­vestorenschutzklausel nicht. Falls jemand nicht weiß, was das ist, das ist ganz einfach: Es soll damit das Justizwesen durch private Einrichtungen umgangen werden. Da wer­den Leute ausgesucht, die dann dort sitzen, bezahlt werden und sagen, dieser und jener Staat muss jetzt Milliarden bezahlen. Damit werden die Staaten unter Druck ge­setzt. Sie sollen Standards beseitigen, weil die Investitionen dadurch gefährdet seien, dass die Standards so hoch seien und man nicht genug Gewinn machen könne. – Das ist der ganze Hintergrund dieser Auseinandersetzung!

Dazu muss ich ein interessantes Interview der Kommissarin Malmström im heutigen „Standard“ erwähnen, in dem sie ein bisschen beginnt, Spuren zu legen, etwa beim In­vestorenschutzabkommen, indem sie sagt, machen wir es eben transparenter, es gibt halt leider bei CETA kein Berufungsverfahren. – CETA sollten wir auch gleich nicht be­schließen, weil das nämlich in Wirklichkeit die Blaupause für TTIP ist. Also: Malmström sagt, es gibt kein Berufungsverfahren, und bei den Schiedsrichtern könne man sich ja auch etwas überlegen, etwa bei deren Auswahl, so nach dem Motto: vielleicht einmal welche mit einem netteren Gesicht oder welche, die nicht so denken, wie wir alle ver­muten, weil sie ja ökonomisch abhängig sind, wenn sie dort sitzen, und auch gewinn­orientiert agieren (Abg. Pirklhuber: Das ist richtig!), gegen die Interessen derjenigen, die hier in Europa leben und um diese Standards gekämpft haben, die wir heute hier haben.

 


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