Seien wir uns doch ehrlich: Die Krisenfelder für ältere Arbeitnehmer sind dort zu suchen, wo gekürzt wird, wo es Personalkürzungen und Einsparungen gibt und wo umstrukturiert wird. Dort entstehen die großen Probleme.
Ja, ältere Menschen kommen in solchen Situationen auf dem Arbeitsmarkt enorm unter Druck. Zugegeben: In letzter Zeit wurde auch sehr viel gegen Mobbing und Burn-out getan. Es wurde aufgeklärt, es wurden betriebliche Gesundheitsförderungsmaßnahmen gestärkt, und es wurde vor allem die Fürsorgepflicht von ArbeitgeberInnen betont. Aber wie helfen Sie, Herr Minister, älteren ArbeitnehmerInnen, wenn der Arbeitgeber selbst derjenige ist, der mobbt?
Ich schildere Ihnen ein Beispiel aus der psychotherapeutischen Praxis: Es geht um eine Frau, 52 Jahre alt, alleinerziehende Mutter von zwei fast erwachsenen Kindern in Ausbildung, seit 20 Jahren im Betrieb, bis dahin kerngesund und hochgeschätzt; sie ist aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit in diesem Betrieb natürlich auch eine der teureren MitarbeiterInnen.
Vor einem halben Jahr wird das Unternehmen dann von einem deutschen Konzern übernommen. Dieser Frau wird eine junge Mitarbeiterin zur Seite gestellt. Seither werden diese beiden ständig gegeneinander ausgespielt. Es wird nicht mehr direkt mit dieser Mitarbeiterin kommuniziert, sondern nur noch über die junge neue Mitarbeiterin. Im Nebenzimmer macht man sich lustig über sie, so, dass sie es gerade hören kann. Es werden neue Namensschilder angebracht – wie durch Zufall kommt ihr Name dabei nicht vor, und so weiter und so fort.
Sie beschwert sich bei ihrem Chef, der sagt: Da muss man durch! So zieht sie sich immer mehr zurück. Dann bekommt sie den Vorwurf zu hören, dass sie zu ruhig und zu introvertiert sei. Der Betriebsrat hilft ihr nicht, denn es gibt inzwischen eine Vereinbarung mit der Firmenleitung, wie der Personalabbau stattzufinden hat. (Abg. Pirklhuber: Unglaublich!)
Sie können sich vorstellen, was passiert: Diese bis vor Kurzem noch ganz gesunde Frau fällt in eine Burn-out-Symptomatik in einer wirklich schweren Ausprägung, befindet sich seitdem im Krankenstand und leidet unter Angstzuständen. Und das ist leider kein Einzelfall, sondern diese Fälle häufen sich in den letzten Jahren ganz massiv.
Ich glaube, dass das von der Bundesregierung versprochene Bonus-Malus-System da Abhilfe schaffen könnte. Ich finde, es soll kommen, aber wir haben auch heute wieder nichts dazu gehört. Wer ältere Beschäftigte kündigt, sollte zumindest einen Teil der durch dieses unsoziale Verhalten verursachten Kosten selber tragen. Aber das alleine genügt nicht.
Ich finde, die soziale Dimension von Arbeit muss sehr viel mehr Berücksichtigung finden. Es sollte Betriebsvereinbarungen zur Burn-out- und Mobbingprävention geben. Wir brauchen eine Gestaltung der Arbeitsplatzverhältnisse, die individuelle Wünsche und Bedürfnisse der ArbeitnehmerInnen berücksichtigt. Stressfaktoren, Konkurrenz- und Arbeitsdruck müssen reduziert werden. Anerkennungskultur muss gefördert werden. Und – ich finde, das ist ganz wichtig – es würde innerbetriebliche Beratungsgruppen brauchen und vor allem das Recht, dass bei besonderen betriebsbedingten Belastungen und Krisensituationen, wie sie eben vorkommen, wenn umstrukturiert oder eingespart wird, ExpertInnen von außen beigezogen werden können.
Ältere Menschen in der Arbeitswelt brauchen nicht nur Schönrederei und Beschäftigungsprogramme. Sie brauchen vor allem unsere Solidarität und unseren Schutz und eine altersgerechte Gestaltung der Arbeitswelt. (Beifall bei den Grünen.)
10.23
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite