Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 77

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ertlschweiger. – Bitte.

 


10.23.18

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsi-dentin! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren Zuschauer! Es ist eine Tatsache, dass sich sowohl die Arbeitswelt als auch die Anforderungen in der Arbeitswelt in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch verändert haben. Österreich gilt ja nicht gerade als eines der reformfreudigsten Länder, es hat leider viele dieser Entwicklungen nicht mitgemacht, entweder aus Mangel an Flexibilität oder wegen parteipolitischen Klienteldenkens.

Die Rechnung wird uns jetzt präsentiert, wir haben es heute schon gehört: 500 000 Arbeitslose, alleine 55 000 Jugendliche, die ohne Job dastehen. Jetzt werden Sie sagen: Wir haben eine Wirtschaftskrise! – Natürlich haben wir eine Wirtschaftskrise, aber diese Wirtschaftskrise hat nur als Brandbeschleuniger gewirkt und war nicht ursprünglich ausschlaggebend dafür, dass wir jetzt vor diesen Problemen stehen. Die Probleme wären sowieso gekommen. Entscheidend ist, dass wir endlich beginnen, die Ursache zu bekämpfen und nicht immer nur die Auswirkungen. (Beifall beim Team Stronach.)

Faktum ist: Wenn wir konkurrenzfähig bleiben wollen, müssen wir endlich Reformen angehen und uns an die geänderten Rahmenbedingungen anpassen, auch wenn das schmerzhaft ist. Für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft ist es dringend notwendig, dass auch die Flexibilität am Arbeitsmarkt steigt. Unternehmen verändern immer schneller ihre Anforderungen, und für Arbeitnehmer ist es entschei­dend, sich diesen veränderten Rahmenbedingungen anzupassen, ihre Qualifikationen zu verbessern und ständig up to date zu bleiben – egal, wie alt sie sind. Das Zauber­wort heißt lebenslanges Lernen.

Wir haben es heute schon gehört: Die Bevölkerungsstruktur verschiebt sich, es gibt im­mer mehr Ältere. Es ist quasi auch unumgänglich, dass sich das Pensionsantrittsalter nach hinten verschiebt. Im Moment, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Österreich Europameister bei den Frühpensionen. Nirgendwo anders gehen die Menschen früher in Pension als bei uns: mit durchschnittlich 58,6 Jahren. Im Sinne des Generationenvertrages ist das der heutigen Jugend gegenüber nicht fair. Es ist nicht fair, denn irgendwer muss die Zeche bezahlen. Wenn wir unser Pensionssystem aufrechterhalten wollen, ist einfach eine längere Lebensarbeitszeit notwendig. Das ist eine einfache Rechnung.

In diesem Sinne müssen wir auch die Beschäftigungsbedingungen älterer Menschen in Zukunft deutlich verbessern. Die Palette reicht dabei von der Gesundheitsförderung auf der einen Seite bis hin zur altersgerechten Arbeitsorganisation auf der anderen Seite. Arbeit hilft Menschen, körperlich und geistig aktiv zu bleiben, vernetzt zu bleiben, vernetzt zu denken. Laut einer französischen Studie, die mir mein Kollege Marcus Franz gezeigt hat, verringert jedes zusätzliche Arbeitsjahr das Alzheimerrisiko um 3 Prozent. Das ist kein unwesentlicher Aspekt.

Die Zeiten, in denen man ein Leben lang bei ein und demselben Unternehmen gear­beitet hat, gehören der Vergangenheit an. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit wird immer kürzer. Die Identifikation der Mitarbeiter mit dem jeweiligen Unternehmen wird geringer. Man muss daher sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern Anreize schaffen, in betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen zu investieren und diese zu verstärken.

Meiner Meinung nach sind drei Aspekte wesentlich: Erstens müssen wir die Arbeits­marktchancen von Geringqualifizierten und von Langzeitarbeitslosigkeit bedrohten


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite