Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung / Seite 117

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wurde in drei Fällen teils unabhängig voneinander berichtet, dass seitens der Polizei nachträglich Vorwürfe zur Rechtfertigung konstruiert worden seien, wie insb. dass sie Bierdosen geworfen hätten und den Begriff „ACAB“ (All cops are bastards) verwendet hätten.

Die fehlenden Konsequenzen

In einem Rechtsstaat ist es selbstverständlich, dass es zur vollen Aufklärung solcher Vorfälle kommt und eine Bestrafung der TäterInnen erfolgt. Das ist jedoch in Österreich in der Regel nicht der Fall.

Im Gegensatz zum Justizministerium wurden vom Innenministerium bisher auch keine „Fehler“ eingestanden oder gar bedauert. Stattdessen wird den Opfern die Schuld gegeben. Der eigenen Beamtenschaft wird damit signalisiert: Gewalt gegen BürgerIn­nen bleibt ohne Konsequenzen.

So erklärte etwa der Vizepräsident der Landespolizeidirektion Wien, Karl Mahrer, gegenüber den Medien:

„Die Verletzung einer Person in einer Situation, in der ein Betroffener mit einem Polizisten in eine körperliche Auseinandersetzung kommt, bedeutet nicht automatisch, dass die Polizei rechtswidrig gehandelt hat, sondern oft das Gegenteil.“ (Kurier, 13.3.2015)

Körperverletzungen werden somit also anscheinend als das rechtskonforme Ergebnis polizeilicher Amtshandlungen betrachtet.

Auch eine Aussage des Sprechers der Wiener Polizei, Johannes Golob, dazu ist bemerkenswert:

Johann Golob, Sprecher der Wiener Polizei, sagte, dass es unabhängig von diesem Fall „ja doch meistens Beschuldigte sind“, die solche Vorwürfe erheben würden, weil sie „strafbarer Handlungen verdächtig“ seien. „Und das muss natürlich schon genau hinterfragt werden.“ (APA, 11.3.2015)

Diese Haltung steht in klarem Widerspruch zu den Menschenrechten, und auch zu den Verpflichtungen, die Österreich nach Art 13 der UNO-Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe treffen:

Artikel 13

Jeder Vertragsstaat trägt dafür Sorge, dass jeder, der behauptet, er sei in einem der Hoheitsgewalt des betreffenden Staates unterstehenden Gebiet gefoltert worden, das Recht auf Anrufung der zuständigen Behörden und auf umgehende unparteiische Prüfung seines Falles durch diese Behörden hat. Es sind Vorkehrungen zu treffen, um sicherzustellen, dass der Beschwerdeführer und die ZeugInnen vor jeder Misshandlung oder Einschüchterung wegen ihrer Beschwerde oder ihrer Aussagen geschützt sind.

Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Österreich gegen Ribitsch aus dem Jahr 1995 ist klargestellt, dass der Staat die Herkunft von Verletzungen beweisen muss, die während einer Anhaltung auftreten. Dieses Prinzip wird in Österreich nach wie vor nicht befolgt.

Wie Sie bzw. der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit in der Sitzung des Innenausschusses am 19.3.2015 ausführten, werden zwar sämtliche Fälle, in denen Personen in Polizeigewahrsam Verletzungen erleiden, innerhalb von 24 Stunden der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht. Dennoch zeigen die Fallzahlen, die im jährlichen Sicherheitsbericht veröffentlicht werden, dass die strafrechtliche Verfolgung gewalttätiger ExekutivbeamtInnen offenbar nicht verlässlich funktioniert.

 


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