Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung, 20. Mai 2015 / Seite 73

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dadurch, dass sich verschiedene Staaten aus eigenem Willen zusammengeschlossen und Teile ihrer Souveränität abgegeben haben.

Es ist also nicht zu fragen, was uns das Schicksal da auferlegt, sondern es ist zu fragen, was wir wollen. Und die Frage, was wir wollen, sollte nach den Grundsätzen, was für uns sinnvoll und zweckmäßig ist, beantwortet werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Gehen wir einmal zum Einleitungsstatement des Kollegen Strolz zurück, das war ja sehr bezeichnend dafür. Kollege Strolz hat gemeint – ich habe mir aufgeschrieben, wie er das genau formuliert hat –, dass wir (Abg. Strolz: Aufbruch in Entschlossenheit!) den Aufbruch in die Entschlossenheit brauchen, ja, den Aufbruch in die Entschlos­senheit! Er hat uns aber auch gleichzeitig gesagt, dass wir in einer nicht so verein­barten Transferunion gelandet sind. Jetzt wäre beim Aufbruch in die Entschlossenheit doch eigentlich zu fragen: Wie kommen wir aus der nicht vereinbarten Transferunion wieder heraus? Was wir nicht vereinbart haben und uns aufzwingen, aus dem müssen wir heraus. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Schlussfolgerung kann nie sein, so wie sie Kollege Strolz formuliert hat – und damit ist er nicht alleine, alle „Karase“ dieser Welt und viele Mitglieder ihres Klubs werden ihm da zustimmen –: Kehren wir zurück zum Vereinbarten!, sondern, na ja, da kann man ja nichts machen. (Abg. Strolz: Nein, nein!) Fast O-Ton Strolz. Im Zuge des Aufbruchs in die Entschlossenheit muss man sich halt mit der Situation abfinden, machen wir das Beste daraus. Wenn wir jetzt schon unwillentlich, aufgezwungener­maßen in dieser Transfer-, Solidaritäts-, Bail-out-Union drinnen sind, dann machen wir halt eine Konkursordnung für Staaten.

Kollege Strolz, es hat seine guten Gründe, dass es eine solche Konkursordnung nicht gibt. Der Herr Minister und auch Kollege Matznetter haben ja schon erklärt, warum das einfach nicht geht. (Abg. Strolz: Weil es immer so war!) Und diese Konkurse passieren ja laufend, das ist nicht das Problem.

Zum Pariser Club , den Kollege Matznetter erwähnt hat. Schätzen Sie einmal, wie viel – unter Anführungszeichen – „Staatskonkurse“ dieser seit 1956, seit es ihn gibt, abgewickelt hat. – Acht, zehn, zwanzig, vierzig? – Es waren 88! 88, darunter auch welche in Europa. 88! Das gibt es ja alles. (Abg. Strolz: Es spricht ja nichts dagegen!) Ein Staatskonkurs ist nichts anderes, als dass man umschuldet, einen Schulden­nachlass macht, Zinsen nachlässt, Zinsen reduziert und Zahlungsfristen streckt. Mehr kann man ja bei einem Staat nicht machen. Das hat man ja mit Griechenland bereits gemacht. 2013 hat man ja schon 250 Milliarden Anleihen umgetauscht und dazu das Nominale  um 50 Prozent reduziert.

Da hat man schon 125 Milliarden € an Schuldennachlass gewährt und die Fristen erstreckt, Zinsen geändert und so weiter. Das geschieht ja alles bereits.

Also das, was hier jetzt unter dem Titel „Konkursordnung europäischer Staaten“ ge­redet wird, ist ja nur eine Vernebelungstaktik dafür, dass man sich den Dingen nicht stellen will (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des Teams Stronach), dass man nicht endlich zugeben will, dass wir durch diese Solidaritätsgemeinschaft, wie Kollege Strolz richtigerweise sagt, unfreiwillig und nicht ausgemacht in einen Haftungs­verbund hineingekommen sind, der für uns und unsere Nachkommen unab­sehbare Risiken beinhaltet und der für die Empfänger gar nichts gebracht hat und Europa seit dem Jahr 2008 – seit dem Ausbruch der Krise – in die größte Dauerkrise seit dem Zweiten Weltkrieg geführt hat. Die einzigen Länder, die die Krise von 2008, die erste große Krise seit der Existenz der Europäischen Union, nicht bewältigt haben, waren die Mitglieder der Europäischen Union. Und unter denen waren es die Mitglieder der Eurozone, die sie am schlechtesten bewältigt haben.

 


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