Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung, 20. Mai 2015 / Seite 79

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gen, von Ultimaten. Sie münden in eine immer stärkere Konfrontation zwischen Griechen­land und seinen vermeintlichen Helfern, und zwar nicht nur auf Regie­rungsebene, sondern auch zwischen den Völkern – mit der Folge, dass am Ende eine Regierung entmündigt, ein ganzes Volk gedemütigt wird, mit der Gefahr, dass sich das Land politisch radikalisiert und sich vom Projekt Europa verabschiedet.

Der Schüssel für die Lösung der Griechenland-Krise liegt nicht mehr in Brüssel, der Schlüssel liegt in Athen. Die Griechen haben am 25. Jänner 2015 klar zum Ausdruck gebracht, dass sie einen neuen Weg gehen wollen, und (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen) – ich bin fast fertig – die demokratisch legitimierte Regierung Tsipras hat auch nach vier Monaten klar zu verstehen gegeben, dass sie ihre Absicht nicht ändern wird.

Geben wir den Griechen eine Chance, über die Modernisierung ihres Landes eigen­verantwortlich, selbst zu entscheiden! Erlauben wir ihnen, diesen Weg zu gehen, und helfen wir ihnen dabei, solidarisch, großzügig und ohne Zwangsausübung – wenn nicht aus Liebe zu Griechenland, dann aus Verantwortung gegenüber dem österreichischen Steuerzahler und aus Verantwortung für die Zukunft Europas! – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS.)

11.28


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


11.28.50

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich mag ja diese akademischen Debatten; sie bringen uns aber nicht wirklich weiter. Wir alle wissen, dass die Aufnahme Griechen­lands in die Eurozone damals aus politischen Gründen und weniger aus wirtschaft­lichen Überlegungen erfolgt ist, weniger deshalb, weil es so tolle solide Staatsfinanzen hat. Wir wissen, dass es damals aus politischen Gründen eine Erweiterung der Euro­päischen Union um zehn neue Mitgliedsländer unterschiedlichster ökonomischer Stärke und Struktur nach unterschiedlichsten Aufnahmekriterien gegeben hat. Das ist etwas, das wir auch sehen müssen, daher können wir nicht nur eine akademisch-ökonomische Debatte führen, sondern wir müssen auch das dabei berücksichtigen.

Das Handelsblatt etwa vom 19. Mai 2015 spricht von der Rettung nach der Pleite. „EZB und Euro-Rettungsfonds wollen Griechenland bei einem Zahlungsausfall nicht sofort fallen lassen.“

Das ist eine akademische Diskussion über irgendwelche Insolvenzrechtsmodelle – das geht politisch gar nicht. Es wird nach der Pleite weiterhin diese Hilfestellung geben wollen und müssen.

Noch etwas kommt politisch dazu – damals der politische Hintergrund der Festigung Griechenlands in der Eurozone –: Es geht auch um die NATO-Flanke. Sie werden doch nicht im Ernst glauben, dass man jetzt sagt: Griechenland soll ruhig austreten, soll sich dann nach Moskau, nach Peking oder sonst wohin orientieren, wirtschaftlich ist das wurscht; die Schulden bleiben im Euro-Bereich, das Defizit wird sich nicht reduzieren. Es werden Wanderungsströme einsetzen, es werden dann halt Hundert­tausende Griechen in die Wohlstandszonen wandern, zusätzlich zu den Wanderungs­strömen aus Afrika, aus Nordafrika und sonst woher, die wir jetzt schon haben.

Daher kann man, finde ich, das so nicht diskutieren, und daher hat der Herr Finanzminister vollkommen recht. Das ist auch ein depressiver Zugang, endlich ein Insolvenzrecht zu schaffen, damit insolvente Staaten dann der Reihe nach die Eurozone und die EU verlassen können. In Wirklichkeit müssen wir – genau das, was der Finanzminister vor­hin gesagt hat – Schritte setzen, damit es gar nicht so weit kommt! Wir müssen Schritte


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