Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung, 20. Mai 2015 / Seite 78

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Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Bitte.

 


11.22.48

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Herr Präsident! Geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen! Είμαι φιλέλληνας – auf Deutsch: Ich bin ein Philhellene! Es verbindet mich mit Griechenland und den Griechen eine sehr tiefe Freundschaft. Ich habe eine Griechin geheiratet – bin noch immer mit ihr verheiratet –, meine Kinder sind in Griechenland auf die Welt gekommen, zu Hause wird griechisch gesprochen. Ich liebe dieses Land und habe auch viele Jahre dort verbracht, zuletzt als Geschäftsführer eines internationalen Unternehmens.

Ich glaube daher, behaupten zu dürfen, dass ich dieses Land nicht nur liebe, sondern auch verstehe. Und sowohl aus dieser Liebe als auch aus diesem Verständnis heraus appelliere ich an Sie, Herr Bundesminister: Hören wir auf, uns vorzumachen, dass Griechenland seine Schulden je begleichen wird! Hören wir auf mit der Illusion der Rückzahlung! Schauen wir der Wirklichkeit ins Gesicht: Griechenland ist – leider! – pleite, und ziehen wir daraus die Konsequenzen, auch wenn sie natürlich für die österreichischen Steuerzahler und die Griechen schmerzhaft sein werden! Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Fakt ist, dass die Bruttoverschuldung Griechenlands 180 Prozent des BIP beträgt. Das sind 313 Milliarden €! Und trotzdem die Rückzahlung bis auf das Jahr 2057 – viele von uns werden dann leider nicht mehr am Leben sein – gestreckt worden ist, muss Griechenland noch bis Ende dieses Jahres 15 Milliarden € an Tilgung und Zinsen zurückzahlen. Das geht sich nicht aus!

Noch einmal: Griechenland ist insolvent.

Eine politische Vereinbarung in letzter Minute in Riga – die ich befürchte – über ein neues Reformprogramm würde nur der Gesichtswahrung dienen, um die Auszahlung der 7,2 Milliarden € der letzten Tranche des zweiten Hilfsprogramms zu rechtfertigen. Die Regierung Tsipras hat nicht die Absicht – wirklich null Absicht, Herr Finanz­minister –, die Art von Reformprogrammen durchzuziehen, die Sie und Ihre Kollegen von der Eurozone sich vorstellen.

Das Abwenden des Konkurses vor fünf Jahren war die richtige Entscheidung, weil damals ein Konkurs Griechenlands die Stabilität des Euro und vielleicht die Integrität Europas gefährdet hätte. Aber heute, unter dieser Regierung, würden eine Verein­barung zur Wiederaufnahme des zweiten Hilfsprogramms oder – Gott behüte! – gar ein drittes Hilfspaket nur Konkursverschleppung in großem Stil bedeuten. (Abg. Hübner: Das ist eh schon!)

Das hätte zur Folge, dass der Leidensweg der Griechen nur verlängert wird und die endgültige Rechnung für den österreichischen Steuerzahler noch saftiger ausfällt. – Der Fall Hypo Alpe-Adria zum Beispiel sollte uns eine Warnung sein.

Eines, Herr Bundesminister, möchte ich schon sagen: Ich finde, ein Konkurs Griechen­lands bedingt nicht auch einen Euro-Austritt. Ich glaube, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist weder notwendig noch wünschenswert. Insbesondere der Impuls­effekt in Sachen Abwertung, den Kollegin Nachbaur erwähnt hat, würde aufgrund des sehr unterentwickelten Exportsektors Griechenlands und der hohen Abhängigkeit von Importen, insbesondere von Energie, nicht eintreten.

Aber die weitere zirkuläre Refinanzierung der griechischen Schulden ist nicht nur volks­wirtschaftlich wirkungslos, sondern auch politisch kontraproduktiv, als solche gefähr­licher als ein erklärter Staatsbankrott. Die Verhandlungen über Reformen sind ja schon zu einem Art Pokerspiel verkommen, gekennzeichnet von Drohungen, von Erpressun-


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