Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung, 20. Mai 2015 / Seite 128

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Mit der De-facto-Abschaffung des Bankgeheimnisses bricht die Bundesregierung in eklatanter Weise ihre wiederholt abgegebene Garantie, das Bankgeheimnis für Inländer nicht anzutasten und zu schützen. Diese Garantie hat die Bundesregierung auch anlässlich des EU-Beitrittes abgegeben – und wird diese brechen.

Die Abschaffung des Bankgeheimnisses ist ein Angriff der Bundesregierung auf die finanzielle Privatsphäre der Österreicherinnen und Österreicher. Nach § 38 Abs. 2 Ziffer 11 des Entwurfs zum Bankwesengesetz besteht die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses nicht, wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hat. Nach § 4 Ziffer 3 des Entwurfs zum Konten­registergesetz sind Auskünfte aus dem Kontenregister den Abgabenbehörden des Bundes und dem Bundesfinanzgericht dann zu erteilen, wenn es im Interesse der Abga­benerhebung zweckmäßig und angemessen ist.

Diese Änderungen gehen zu weit und öffnen der Willkür Tür und Tor. Ein wirksamer Rechtsschutz vor einem willkürlichen Zugriff durch die Abgabenbehörden ist nicht mehr gegeben. Sogar in Deutschland dürfen Abfragen für abgabenrechtliche Zwecke nur dann gemacht werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Abgabenpflichtige unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat. In Österreich sollen jedoch in Zukunft Abfragen nach Lust und Laune der Betriebsprüfer möglich sein. (Abg. Schimanek: Uiuiui!)

Waren es in Deutschland im Jahre 2005 noch rund 10 000 Abfragen von Finanz­behörden und rund 62 000 von sonstigen Behörden, so waren es 2014 bereits rund 70 000 Abfragen durch die Finanzbehörden und rund 130 000 Abfragen von sonstigen Behörden: eine Verdreifachung innerhalb von zehn Jahren. Derzeit müssen die Abga­benbehörden gegenüber einem unabhängigen Richter einen begründeten Verdacht auf Steuerhinterziehung vorbringen, um Einblick in die Bankkonten zu erhalten. Der Rechtsschutz vor willkürlichen Zugriffen durch die Abgabenbehörden war dadurch bis dato sichergestellt. Dieser Rechtsschutz muss nach Ansicht der Freiheitlichen auch in Zukunft gegeben sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Masse der Österreicherinnen und Österreicher ist steuerehrlich. Die Bundes­regierung stellt jedoch die Österreicher – egal, ob Unternehmer oder Privatperson – unter den Generalverdacht der Steuerhinterziehung. Das Vertrauensprinzip im Ver­hältnis des Staates zu seinen Bürgern wird damit durch das Misstrauensprinzip ersetzt. Die Abschaffung des Bankgeheimnisses und die Pauschalverdächtigung durch die Bundesregierung werden die Einstellung der Bevölkerung zum Staat und die Steuer­moral der Bevölkerung beeinträchtigen, weil sich die Bevölkerung zu Unrecht verdäch­tigt fühlt.

Die Bundesregierung möchte einen gläsernen und transparenten Steuerzahler. Der Steuerzahler erwartet sich aber auch zu Recht Transparenz von der Bundesregierung und möchte nachvollziehen können, ob das Steuergeld sinnvoll eingesetzt wird. Wo ist denn die versprochene Transparenzdatenbank für Förderungen, Subventionen und Transferleistungen? Warum gibt es noch immer kein modernes und einheitliches Haushaltsrecht der Gebietskörperschaften?; Stichwort: einheitliches Rechnungswesen. Warum können die Bundesländer Haftungen nach wie vor verschleiern? Warum liefert das Finanzministerium geschwärzte Akten an den parlamentarischen Untersuchungs­ausschuss? (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

Transparenz ist keine Einbahnstraße! Transparenz muss auch für die Bundesregierung gelten! Im Übrigen wundert mich die Inkonsequenz der Bundesregierung: Auskünfte aus dem Kontenregister sollen gegenüber den Abgabenbehörden zulässig sein, ge­gen­über den Sozialbehörden aber nicht. Betrug ist doch Betrug – egal, ob es sich um Steuerbetrug oder um Sozialbetrug handelt. Beides ist abzulehnen. Bei der Bekämp-


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