Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung, 20. Mai 2015 / Seite 152

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menkommen können, sagt Anita Moser, die beim Salzburger Bildungswerk für Gemeindeentwicklung zuständig ist.“

Meine geschätzten Damen und Herren! 4,6 Millionen Österreicher wohnen im länd­lichen Raum, und jeder, der in den letzten 20 Jahren mit offenen Augen durch den länd­lichen Raum gegangen ist, hat gesehen, wie ein Gasthaus nach dem anderen zugesperrt hat. Es gibt bereits Orte, in denen, wenn eine Taufe, eine Hochzeit, ein Begräbnis stattfindet, kein Wirtshaus mehr da ist. Die Maßnahmen, die die Bundes­regierung jetzt setzt, sind jene Maßnahmen, die dieses Wirte-Sterben vorantreiben, und dagegen verwahren wir uns. (Beifall beim Team Stronach.)

Uns geht es nicht nur um zerstörte Existenzen, um Arbeitslosigkeit, um Kriminalisie­rung vonseiten der Regierung (Ruf bei der SPÖ: … Steuerhinterziehung!), sondern uns geht es auch um die Zerstörung österreichischen Kulturgutes. Kollege Zanger und ich, wir beide haben ein Gasthaus gekannt – „haben“, weil das auch Vergangenheit ist –, in dem sich Leute wöchentlich getroffen haben, auch ein ehemaliger Nationalrats­abge­ord­neter der ÖVP. Ich war einmal dort: Die haben fünf, sechs, sieben Strophen von jedem Lied singen können, weil sie sich wöchentlich getroffen haben, um Volkskultur zu leben. Deshalb glauben wir: Wirtshäuser sind mit Volkskultur eng verbunden und durch nichts zu trennen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Matznetter und Zanger.)

Wirtshäuser sind auch ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens. Wenn jetzt ständig seitens der Regierung gerade die Wirte und Gastronomen kriminalisiert werden – so quasi Steuerbetrug unterstellt wird, in der Art, dass sich die noch mehr unter den Nagel reißen wollen –, dann, Herr Kollege (in Richtung des Abg. Matznetter weisend), habe ich eine Zahl für Sie als Steuerberater: 2014 war die Gastronomie an der Spitze der Insolvenzen in der Steiermark. Das heißt, so gut geht es den Wirten nicht, dass wir sie noch mehr schröpfen und noch mehr auf sie drauftreten können. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf des Abg. Darabos.)

Von einem Geldproblem spricht auch Karl Wratschko – der wird dem Kollegen Lopatka sicher gut bekannt sein –, Obmann der Gastronomie in der Wirtschaftskammer. Er sagt, für die Betriebe ist es eine Sackgasse, denn Betriebskosten und Lohnkosten sind enorm hoch und für viele langfristig nicht mehr zu stemmen. Das heißt, wir reden hier von einer Berufsgruppe, die in den letzten Jahren massivst unter Druck gekommen ist und die jetzt durch diese Maßnahmen, die die Bundesregierung setzt, noch weiter ins Eck gedrängt wird.

Uns geht es darum, dass der ländliche Raum nicht noch mehr ausgehöhlt wird. Nach der Schließung von Post, Gendarmerie und Schulen ist der Wirt die letzte verbleibende Infrastruktur, und wenn wir jetzt nicht alles tun, um diese Wirte im ländlichen Raum zu halten, dann stirbt der ländliche Raum. Aus diesem Grund müssen wir alles tun, um Gastronomie, um gesellschaftliches Leben, um Wirte am Leben zu erhalten. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich sage Ihnen an dieser Stelle seitens des Teams Stronach: Wir legen ein klares Bekenntnis zum ländlichen Raum ab, und wir legen dieses Bekenntnis deswegen ab, weil wir wollen, dass die Menschen die Möglichkeit haben, Lebensbedingungen im ländlichen Raum zu finden, und dass die Abwanderung in Ballungszentren endlich gestoppt wird. (Beifall beim Team Stronach.)

Die Gastronomie schafft Arbeitsplätze, vor allem dezentrale Arbeitsplätze, die nicht mehr ersetzt werden, denn wenn im letzten Graben der Wirt zusperrt, ist dieser Arbeitsplatz für immer verloren. Die Gastronomie zahlt Steuern, schafft Infrastruktur, vermarktet und verarbeitet regionale Produkte und ist ein Treffpunkt für Jung und Alt.

 


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