Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll77. Sitzung / Seite 55

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wird, während gleichzeitig der Freiraum und die Privatsphäre der Bürger immer weni­ger werden.

Das ist mehr als ein begründeter Verdacht, das ist eine Tatsache. Und mit dem, was Sie hier vorlegen, leisten Sie einen weiteren Beitrag zu dieser Fehlentwicklung. (Beifall bei der FPÖ.)

Bald gibt es nichts mehr, wo der Staat nicht seine gierigen Finger und seine Schnüffel­nase drinnen hat. Und da muss man sich irgendwann auch die Frage stellen: Was ist denn eigentlich die Rolle des Staates? Und da gibt es offensichtlich zwei verschiedene Denkmodelle. Wir sind der Meinung, dass der Staat die Privatsphäre des Bürgers zu schützen hat, dass er sie zu hüten hat als einen seiner größten Schätze; Sie hingegen sind offenbar der Meinung, dass diese Privatsphäre zu torpedieren, auszuhöhlen und auszuspionieren ist. Und da trennen uns natürlich Welten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Strolz und Hagen.)

Dieses Modell kennen wir – diesen Überwachungsstaat, diesen Staat, der überall seine Finger drinnen hat, der es insbesondere auf das Vermögen seiner Bürger abgesehen hat –: Das ist das marxistische Denkmodell. Das kennen wir vonseiten der SPÖ (Zwischenruf des Abg. Schieder), das kennen wir vonseiten der Grünen. Aber dass jetzt der Modernisierungsschub innerhalb der ÖVP dazu führt, dass auch die Volkspartei auf diesen Unsinn aufhüpft, das ist doch einigermaßen abenteuerlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir leben in einer seltsamen rot-schwarzen Republik, meine sehr geehrten Damen und Herren, wo es zwei Arten von Menschen gibt: Da gibt es diese rot-schwarze Nomen-klatura, die Grünen zähle ich da dazu, und dann gibt es die Normalsterblichen. Da gibt es dann völlig unterschiedliche Zugänge zu dem, was privat ist.

Es gibt ein Beispiel dafür: Wenn wir als Volksvertreter hier herinnen im Auftrag der Bevölkerung zum Beispiel wissen wollen, ob ein Regierungsmitglied, zum Beispiel der österreichische Bundeskanzler, zum Beispiel an einem Treffen wie zum Beispiel die­sem Bilderberg-Treffen, das gegenwärtig in Tirol stattfindet und uns Millionen an Kosten für die Überwachung verursachen wird, teilnimmt, wenn wir wissen wollen, was dort geredet wird – vielleicht geht es um Umverteilung, Herr Kollege Schieder oder Herr Kollege Krainer, vielleicht bläst man dort sozusagen zum Kampf für Gerechtig­keit –, dann werden wir, Kontrollorgane dieser Regierungsmitglieder, abgeschasselt, indem man sagt, das geht euch nichts an, das ist privat. Also dort steht der Privatraum total im Mittelpunkt, dort beruft man sich auf jene Privatsphäre, die man den Menschen in diesem Land nicht geben will. Das ist ein interessanter Unterschied. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Also das Bilderberg-Treffen des Herrn Bundeskanzlers – und wer sonst aller sich dort herumgetrieben hat, es waren auch schon genügend Schwarze dort –, das ist alles privat, das Sparbuch der Oma hingegen verschwindet entgegen dem Versprechen von SPÖ und ÖVP aus der Privatsphäre, das wird in Zukunft durchleuchtet, und das Bankgeheimnis wird beerdigt.

Privat ist im Übrigen auch die siebenjährige Lücke im Lebenslauf unseres Bundes­kanzlers – das ist eine Privatangelegenheit. Ich meine, es ist in der zivilisierten Welt einzigartig, dass man nicht weiß, was ein Regierungschef sieben Jahre seines Lebens gemacht hat.

Wenn man sich dann irgendwo erlaubt nachzufragen: Bitte, was war denn da, welche Qualifikationen zum Beispiel hat man sich dort erworben, was ist denn dort an Befähi­gung angeeignet worden, was hat er denn gemacht?, dann heißt es: Das ist alles privat, bitte schön, das geht euch überhaupt nichts an, aber wenn es darum geht, bis in


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