Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll77. Sitzung / Seite 70

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verloren haben, draufkommen, dass wir sie vermissen, und dann ist es halt leider Gottes zu spät.

Genau deswegen haben wir die heutige Sondersitzung einberufen – zufälligerweise 66 Jahre nach dem Tag, an dem George Orwell seinen Roman „1984“ veröffentlicht hat –, weil wir eben nicht erst dann, wenn wir alle bürgerlichen Freiheiten am Altar des alles überwachenden Staates geopfert haben, draufkommen wollen, dass wir diese Freiheit vermissen und dass wir diese Freiheit verloren haben.

Die Freiheit des Einzelnen ist im täglichen Leben nicht immer so gegenwärtig. Das ist einerseits ein Problem, und das liegt auch daran, dass man sich in Österreich doch sehr frei fühlt. Das ist, wenn man es mit anderen Staaten oder mit anderen Zeiten in Österreich vergleicht, schon nachvollziehbar, weil man im Wesentlichen in Österreich eigentlich ganz frei leben kann. Deswegen stimmen viele Bürgerinnen und Bürger dieser Ansicht auch zu, dass man ohnehin ganz frei ist, und deswegen merken wir auch nicht, wie der Staat und die Politik nahezu täglich immer weitere Freiheitsein­schrän­kungen vornehmen – immer nur in kleinen Dosen, immer so, dass es keiner mitbekommt, immer irgendwie durch die Hintertür. Deswegen fällt es vielen auch gar nicht so auf, wenn die nächste kleine Maßnahme kommt, die unsere Freiheit wieder einschränkt. Wenn diese Maßnahme dann ein paar Monate später umgesetzt ist, dann finden wir uns in der Regel auch sehr schnell damit ab. Da war zwar eine kleine Aufregung da, die war in der Regel auch nicht nachhaltig, und deswegen kommt diese Maßnahme. Viele meinen, dass solch kleine Freiheitseinschränkungen, die vielleicht nicht einmal als Freiheitseinschränkungen wahrgenommen werden, nicht wirklich Auswirkungen haben.

Die Bundesregierung argumentiert dann immer ziemlich klar damit, dass wer nichts zu verbergen, auch nichts zu befürchten hat. Der Bundeskanzler sagte in einem Interview mit einer österreichischen Tageszeitung, er wolle quasi vorbildhaft so leben, dass er auch nichts zu verbergen hat. Genau hier liegt der alles entscheidende Fehler, weil jeder etwas zu verbergen hat. Der Herr Bundeskanzler will sicherlich nicht, dass andere Menschen wissen, wann er mit wem telefoniert hat – Kollege Kickl hat über diese sieben Jahre im Lebenslauf vom Herrn Bundeskanzler geredet –, der Herr Bundeskanzler will sicherlich nicht, dass die Leute, wenn er es verbergen will, wissen, was er in diesen sieben Jahren gemacht hat. Das ist auch sein gutes Recht.

Herr Finanzminister, es geht auch niemanden etwas an, wie Ihr privater Kontostand ausschaut. Das ist auch Ihr gutes Recht. Und ich will nicht, dass Sie massenhaft Daten von mir speichern, damit Rückschlüsse auf mein Privatleben ziehen können und dementsprechend wissen, was ich wann mache, weil mein Privatleben niemanden etwas angeht. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. El Habbassi.)

Ich will, dass Sie sich da raushalten und dass Sie diese Daten nicht speichern. Ich will nicht, dass Sie diese Dinge über mich wissen, und ich habe vor allem auch das Recht, dass Sie es nicht wissen. Genau deswegen haben der Verfassungsgerichtshof und der EuGH auch die Vorratsdatenspeicherung aufgehoben, deswegen brauchen wir auch keine Neuauflage.

Und damit die Grünen beruhigt sind, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Kollegin und Kollegen betreffend keine Neuauf­lage der Vorratsdatenspeicherung

Der Nationalrat wolle beschließen:

 


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