Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 55

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10.53.39

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Arbeitsmarktkrise, 420 000 Arbeitslose, die Progno­sen sagen, dass es frühestens 2017 vielleicht ein bisschen besser wird. Kollege Mu­chitsch hat es gesagt, die österreichische Wirtschaft ist stark exportorientiert, mit dem Einbruch 2009 haben wir ein massives Problem bekommen. Die Weltbank sagt, die Weltwirtschaftskrise wird uns nicht helfen, das notwendige Wachstum zu bekommen, um den Turnaround auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen. Das heißt, das, was bleibt, ist – wie wir alle wissen – die Binnennachfrage, der Konsum der Leute, die in Österreich le­ben, hier arbeiten und hier das Geld ausgeben. Aber auch da schaut es nicht beson­ders gut aus. Sie alle wissen, dass wir bei den mittleren und unteren Einkommens­gruppen in den letzten Jahren Reallohnverluste hatten. Das heißt, trotz kontinuierlicher Lohnsteigerungen hat unser Steuer- und Abgabensystem dazu geführt, dass man sich um das Geld, das man bekommt, weniger kaufen kann.

An diesem Punkt sollte die Steuerreform ansetzen; so wurde es auch angekündigt. Mehr netto vom Brutto hieß es, glaube ich. Der Punkt ist aber der, dass das WIFO be­rechnet hat, dass die Steuerreform, die uns 5 Milliarden € kostet, nur 0,1 Prozent Wirt­schaftswachstum bringen wird, also viel zu wenig, um im Sinne des Wirtschafts­wachstums positiv auf die Arbeitslosigkeit zu wirken. So ist das leider.

Meine Damen und Herren! Insgesamt bin ich mit den Ansätzen der Regierung, was Wirtschaftspolitik, Standortpolitik, Arbeitsmarktpolitik betrifft, einfach nicht zufrieden. Es gibt keine klare Strategie, es ist zu wenig, was unternommen wird, und wir verlieren immer mehr kostbare Zeit.

Herr Minister Hundstorfer, eines muss ich Ihnen schon sagen: Ich begleite Sie jetzt schon ein paar Jahre und habe Sie in diesen Jahren durchaus auch schätzen gelernt. Es war immer möglich, mit Ihnen Probleme zu erläutern, eine gemeinsame Problem­sicht zu entwickeln, und man hatte das Gefühl, selbst wenn Sie Vorschläge nicht un­mittelbar übernehmen, dass Sie sich des Problems annehmen. Das hat sich aber ge­ändert. Das hat sich in den letzten zwei Jahren geändert, und ich frage mich, warum. Ich verstehe schon, dass es frustrierend ist, mit diesen Krisen umzugehen, dass es frustrierend ist, mit der ÖVP in einer Koalition zu sein (Hallo-Rufe bei der ÖVP), das kann ich nachvollziehen, meine Damen und Herren, aber es kann nicht sein, dass Ih­nen als Regierung in dieser Situation nicht mehr einfällt als das, was wir auch heute wieder als Regierungsvorlage hier vor uns liegen haben. – Ja, eh gut, wir werden auch zustimmen, aber es ist einfach nicht genug.

Meine Damen und Herren – Herr Kollege Muchitsch hat es schon gesagt –, es ist un­sere Aufgabe als Opposition, immer wieder darauf hinzuweisen, wo es notwendig ist, Reformen anzugehen, Vorschläge zu machen. Und wir machen diese Vorschläge! Heute liegen auch wieder Anträge von uns vor, die sagen, in welche Richtung es ge­hen muss.

Das betrifft zum einen das Thema Arbeitszeit. Herr Minister, Sie sagen mir, Arbeitszeit ist kein Thema, schon gar nicht bei den Sozialpartnern. Erfreulicherweise höre ich jetzt von den Gewerkschaften etwas anderes. Sie gehen bei den Forderungen zur Arbeits­zeitverkürzung jetzt über die sechste Urlaubswoche hinaus. – Gut so, da müssen wir dranbleiben! Das Thema Arbeitszeitverteilung ist eines der wichtigsten arbeitsmarkt­politischen Themen der Zukunft. (Beifall der Abg. Moser sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir alle wissen, dass das Ausmaß der bezahlten Arbeitsstunden seit den letzten zehn Jahren kontinuierlich zurückgeht. Es wird immer weniger, was an bezahlter Arbeit ange­boten wird. Gleichzeitig wird das Arbeitskräftepotenzial, also die Leute, die arbeiten wol­len, immer mehr. Wir können mit dieser Situation nur so umgehen, dass wir die Arbeit


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