Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 101

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ze abgeschafft, so erhöht sich dieser Wert auf knapp über € 101 pro Tag. Wenn eine Leistung nur an einem Tag im Monat erbracht wird, sogar auf € 405,- pro Tag.

Auf diese Weise entsteht ein Anreiz, auch für sehr gut bezahlte Tätigkeiten Umge­hungskonstruktionen zu suchen.

Zur Verhinderung derartiger Umgehungskonstruktionen erscheint es als sinnvoll, das historische Relikt der Geringfügigkeitsgrenze generell abzuschaffen und sicherzustel­len, dass jede Tätigkeit sozialversicherungsrechtlich abgesichert ist. Auf diese Weise kann einer Aushöhlung der Beitragsgrundlagen vorgebeugt werden.

Die historische Bedeutung der Geringfügigkeitsgrenze liegt im bürokratischen Aufwand einer papierformulargestützten Verwaltung. In Zeiten des Computers und des Internets ist dieses Argument irrelevant.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass geringfügige Beschäftigung in manchen Bran­chen wie etwa dem Gastgewerbe zur Verschleierung der tatsächlichen Arbeitszeiten von MitarbeiterInnen genutzt wird.

Die mit diesem Antrag vorgeschlagene Abschaffung der Geringfügigkeitsgrenze schafft zusätzliche Einnahmen in der Sozialversicherung, erhöht den sozialen Schutz der Ar­beitnehmerInnen und verhindert Sozialdumping und Sozialbetrug. Sie verlangt jedoch notwendigerweise nach einem gesetzlich fixierten Höchsteinkommen, das etwa neben dem Bezug einer Berufsunfähigkeitspension oder eines Arbeitslosengeldes verdient wer­den kann, ohne den Bezug zu verlieren. Der hier vorgeschlagene Betrag von € 478,- brutto pro Monat entspricht dem bisher gesetzlich möglichen Nettobetrag von € 405,98 zuzüglich der bei Umsetzung dieses Vorschlags anfallenden dienstnehmerInnenseiti­gen Beiträge zur Sozialversicherung.

Das möglicherweise gegen diesen Vorschlag vorgebrachte Argument, dass auf diese Weise Beschäftigung wegfallen könnte, ist wenig realistisch, als es unterstellt, dass geringfügig Beschäftigte bisher eine Leistung erbracht hätten, die den BeschäftigerIn­nen keinen ökonomischen Gewinn verschafft hätten. Diese Annahme ist klarerweise absurd. Ebenso absurd wäre es, anzunehmen, potentielle DienstgeberInnen würden auf ökonomischen Gewinn verzichten, weil sie in Zukunft für alle ArbeitnehmerInnen Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten hätten.

Es versteht sich von selbst, dass dieser Gesetzesänderung auch eine lange von Wirt­schaftstreibenden, insbesondere Ein-Personen-Unternehmen, geforderte Abschaffung der Geringfügigkeitsgrenze bis 31. Dezember 2016 folgen muss.

Zu pauschalen Absenkung der Verzugszinsen

Die Höhe des Verzugszinsensatzes ist über Jahre hinweg ein Streitthema, das – unab­hängig von der Art der Regelung – stets zu Polemik gegen das System der Sozialversi­cherung genutzt wurde. Lag vor der letzten gesetzlichen Änderung der Verzugszinsen­höhe der Schwerpunkt der Kritik vor allem auf der angeblichen Unfähigkeit der Sozial­versicherung, Beitragsrückstände einzutreiben, so wird seit der 2010 veränderten Be­rechnungshöhe kritisiert, die Verzugszinsen seien zu hoch. Gleichzeitig benötigen Un­ternehmerInnen eine lebbare Regelung, die gerade kleine Unternehmen und Start-Ups nicht vorzeitig in eine Schulden- und Existenzfalle treibt.

Verzugszinsen unterhalb der Kosten für sehr kurzfristige Mittelbeschaffung (also etwa Kontoüberziehungszinsen) könnten für Beitragspflichtige einen Anreiz zur späteren Be­gleichung ihrer Sozialversicherungsbeiträge bieten und somit den Sozialversicherungs­träger (und damit zu Lasten der Versicherungssysteme und der Versicherten) belasten. Die Reduktion dieses Anreizes war auch Anlass der Anhebung der Verzugszinsen im Jahr 2010.

 


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