Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 187

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

neten Vorkehrungen getroffen, um bei Anstieg der Asylanträge geeignete Unterkünfte sicherzustellen. Nun wurden - von ihr angeordnet - kurzerhand, ohne Rücksprache mit den Bundesländern, Zelte errichtet, in denen die Asylsuchenden teils bei strömendem Regen und Kälteeinbruch, teils bei großer Hitze, ausharren.

Hausgemachte Zusatzbelastungen der Asylbehörden zur Unzeit

Obwohl ein größerer Anstieg bei der Anzahl der Asylverfahren bereits bekannt war, hat die Innenministerin zur Unzeit eine weitere Gesamtnovelle des Asylrechts veranlasst, die den gesamten ersten Teil des Asylverfahrens umstrukturiert. Dies in einer Zeit, in der die Asylbehörden jede helfende Hand für die Abwicklung des normalen Aufkom­mens an Verfahren brauchen könnten. Diese komplette Neuaufsetzung (abgesehen von den vielen anderen Gesetzesänderungen) des Zulassungsverfahrens erfordert Zu­satzschulungen, Neuanstellungen, Neueinschulungen und wird damit dringend benö­tigte Zeitressourcen binden. Der bürokratische Mehraufwand in Asylverfahren wird sich drastisch erhöhen, der Rückstau an Verfahren immer größer werden.

Erlass einer rechtswidrigen Verordnung zur Inschubhaftnahme

Mit der Begründung, dass die vom Nationalrat beschlossene Fremdenrechtsnovelle zu spät in Kraft treten würde, hat die Bundesministerin am 28. Mai 2015 eine Verordnung erlassen, mit der die Verhängung der Schubhaft über AsylwerberInnen in sogenannten „Dublin Fällen“ wieder möglich gemacht werden soll.

Diese Verordnung ist jedoch gleich zweifach rechtswidrig: Weder ist sie durch das der­zeit geltende Fremdenpolizeigesetz gedeckt, noch entspricht sie den zwingenden Vor­schriften der Dublin III Verordnung.

Eine Inhaftierung von Personen ohne ausreichende gesetzliche Grundlage ist ein grund­legender Verstoß gegen das Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönli­chen Freiheit und die EMRK. Dies wird zur Aufhebung der unter dieser Verordnung er­gangenen Schubhaftbescheide führen und auch Kostenfolgen nach sich ziehen. Der zunehmend fahrlässige Umgang der Innenministerin mit Grundrechten, noch dazu in einem menschenrechtlich so sensiblen Bereich wie Haft, ist erschreckend und nicht hinnehmbar.

Ankündigung eines Asyl-Bearbeitungsstopps außer für Dublin-Fälle

Nun erteilte Bundesministerin Mikl-Leitner eine Weisung, die den Stopp aller derzeiti­gen Asylverfahren verfügt: nur mehr Rück- und Abschiebungen (Dublin-Fälle) würden von den Asylbehörden bearbeitet. Dies mit der Begründung, sie wolle andere Schutz­suchende abschrecken und angeblich andere EU-Mitgliedstaaten zum Handeln auffor­dern. Dies ist eine endgültige Abkehr vom rechtstaatlichen Umgang mit den Verfahren Schutzsuchender und Populismus auf dem Rücken der Schwächsten. Durch diesen Stopp wird tausenden AsylwerberInnen ihr Recht auf ein Asylverfahren systematisch auf unbestimmte Zeit vorenthalten, Familienzusammenführungen werden gestoppt und ein massiver Verfahrensrucksack für die nächsten Jahre aufgebaut. Weder wird damit die angespannte Unterbringungssituation verbessert, noch wird dieser Verfahrensstopp Auswirkungen auf das Kommen weiterer Asylsuchender haben (geschweige denn auf andere EU-Staaten). Nach massiver Kritik behauptet die Innenministerin nun, es hand­le sich bei dem Stopp lediglich um eine „Managementanleitung“ ohne Weisungscharak­ter. Von den Asylbehörden würde diese trotzdem vollzogen. Offensichtlich herrscht im Innenministerium mittlerweile völlige Unübersichtlichkeit und Unsicherheit auch für die vollziehenden BeamtInnen.

Der Asylverfahrenstopp ist das endgültige Zeichen eines kompletten Versagens der In­nenministerin im Asylbereich. Asylrechte werden je nach Bedarfslage der Ministerin be­liebig ausgelegt und dabei von ihr in Kauf genommen, dass Schutzsuchende die Leid-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite