Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 211

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Auch die Begriffe „letztwillige Verfügung“, „letzter Wille“, „Anordnung“, „Testament“ werden in sich nicht konsistent verwendet. Das ist gesetzestechnisch einfach proble­matisch und führt letztendlich in der Anwendung natürlich zu Problemen.

Ein positiver Punkt an sich ist, dass es jetzt eine Pflichtteilsstundung geben soll. Das heißt, wenn jemand einen Pflichtteil auszahlen muss – das ist vor allem für Unter­nehmen, für Familienunternehmen sehr wichtig, die unter Umständen einen Pflichtteil auszahlen müssen –, dann gibt es jetzt die Möglichkeit, diese Pflichtteilsauszahlung bis zu fünf Jahre zu stunden. Das ist positiv, weil eine derartige Pflichtteilsauszahlung unter Umständen für ein Unternehmen ruinös sein könnte. Allerdings ist dieser Pflicht­teil mit 4 Prozent zu verzinsen, und das ist schon sehr problematisch, denn ein Unternehmen, das eben nicht gleich zahlen kann, wird dann mit diesen 4 Prozent – überhaupt beim derzeitigen Zinsniveau – seine Probleme haben.

Ein zweiter problematischer Punkt: Es gibt die Möglichkeit einer sogenannten Nach­lassseparation. Das heißt, wenn jemand zum Beispiel meint und Angst hat, dass sein Pflichtteil aus dem Nachlass nicht bedient wird, dann kann man verlangen, dass das sichergestellt wird. Das ist eine sogenannte Nachlassseparation. Das widerspricht sich natürlich mit der Nachlassstundung, das heißt mit der Möglichkeit, erst fünf Jahre später zu bezahlen, und dieser Widerspruch ist in der Gesetzesvorlage nicht aufge­löst. – Auch ein Kritikpunkt von uns, den wir ansprechen.

Es wird jetzt das Erbrecht des Lebensgefährten eingeführt. Es ist eine gesellschaftliche Realität, dass es immer mehr Lebensgefährten gibt, aber auf der anderen Seite ist sich der Gesetzgeber immer darüber im Klaren gewesen: Die Definition des „Lebens­gefährten“ ist problematisch. Was muss der Lebensgefährte im Vergleich zu einem Ehepartner sein? Muss er mit seinem Partner gemeinsam wohnen, müssen sie gemeinsame Konten haben, müssen sie eine geschlechtliche Beziehung haben? Was müssen Ehepartner eigentlich haben? – Die müssen das alles nicht haben. Das ist also immer sehr problematisch: Wann beginnt eine Lebensgemeinschaft, wann endet sie? Der eine sagt, das hat da begonnen, der andere sagt, dort. Der eine sagt, wir haben sie schon längst beendet, der andere sagt, stimmt nicht. Also die Definition „Lebens­gemeinschaft“ an sich ist schon sehr problematisch, und daher auch in diesem Fall, weil das Erbrecht ja klarerweise immer erst dann greift, wenn man einen der beiden nicht mehr fragen kann. Das ist jetzt eine Schwierigkeit dieses Gesetzes.

Zudem ist es so geregelt, dass der Lebensgefährte dann erbt, wenn es sonst keine gesetzlichen Erben gibt, allerdings bevor ein Vermächtnisnehmer als Erbe berück­sichtigt wird. „Vermächtnisnehmer“ bedeutet, man muss eine letztwillige Verfügung aktiv gemacht haben, man hat jemandem etwas vermacht, und dieser Vermächtnis­nehmer wird dem Lebensgefährten nachgereiht. Das ist aus unserer Sicht insofern unlogisch, denn wenn man eine letztwillige Verfügung trifft, also sich hinsetzt und dar­über nachdenkt, wie man seinen Nachlass regelt, dann wird man wohl die Lebens­gefährtin oder den Lebensgefährten einsetzen. Wenn man das nicht tut und jemandem anderen per Vermächtnis etwas vermacht, dann hat man sich das wohl überlegt. Man kann natürlich immer darüber debattieren, was sich jemand gedacht hat, aber von der Logik her wäre die richtige Reihung: zuerst der Vermächtnisnehmer und dann, wenn es einen solchen nicht gibt, der Lebensgefährte. – Auch das ein Problem, das wir auf­zeigen, eine Regelung, von der wir meinen, dass sie nicht richtig ist.

Es gibt jetzt in dieser Gesetzesvorlage ein sogenanntes Pflegevermächtnis. – Auch ein grundsätzlich richtiger Ansatz, dass man sagt, jemand, der den Verstorbenen gepflegt hat, soll dafür auch eine Leistung aus dem Nachlass bekommen. Das ist grundsätzlich richtig, weil das ein echtes gesellschaftliches Problem darstellt, allerdings gibt es auch in diesem Zusammenhang mehrere Probleme, die in der Vorlage nicht aufgelöst sind. Es ist vielleicht einfach nicht weit genug gedacht worden.

 


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