Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 238

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

trachtet wohl schlecht, aber nichts anderes als eine unternehmerische Fehlentschei­dung waren, ist einfach ein Riesenproblem für den Wirtschaftsstandort.

Der OGH hat in den Fällen Styrian Spirit und Libro unternehmerische Fehlent­scheidungen kriminalisiert und Verhaltensweisen unter dem Strafgesetzbuch verfolgt, die aber eigentlich wirklich nur ins Zivilrecht gehören. Unternehmerisches Denken und Handeln wird jetzt erschwert, da sich die handelnden Personen nicht nur mit allen anderen geschäftsrelevanten Fragen, sondern nun auch noch mit dem Strafgesetz­buch auseinandersetzen müssen.

Das ist wirklich bedauerlich, denn unser Wirtschaftsstandort verliert ohnehin schon in jedem Ranking an Qualität wegen zu hoher Steuerlast, zu hoher Abgabenlast, zu viel Bürokratie, zu vielen Beauftragten, zu wenig Fachkräften, zu wenig Venture-Kapital – und jetzt auch noch wegen zu wenig Rechtssicherheit. Dabei ist gerade die Rechts­sicherheit das Wichtigste überhaupt. Ohne Recht gibt es keinen Frieden, ohne Recht gibt es keine Demokratie und ohne Recht und ohne Rechtssicherheit kann es auch keine funktionierende private Wirtschaft geben.

Das Recht an sich ist ein Grundrecht. In Österreich haben sich unsere Vorfahren das erkämpft; das ist eigentlich das Erbe der bürgerlichen Revolution von 1848. Wir sollten das Recht respektieren, und vor allem braucht der Wirtschaftsstandort Rechts­sicherheit. (Beifall beim Team Stronach.)

Es kann nicht sein, das Paragraphen, die für gewisse Tatbestände geschaffen wurden, plötzlich für ganz andere Szenarien herangezogen und interpretiert werden. Mit dieser Judikatur ist man ja schneller im Kriminal, als man schauen kann, und ist es wirklich Sache der Höchstrichter, Politik zu machen?

Durch den Aufschrei der Wirtschaft nach diesen beiden Urteilen wurde die Regierung wachgerüttelt und hat völlig richtig erkannt, es ist höchst an der Zeit, den Untreue-Paragraphen zu renovieren. Ich bin mit dem Ergebnis aber nicht glücklich, denn es ist keine wirkliche Reform. Offenbar konnten sich Rot und Schwarz nicht einigen, und wie so oft hat wahrscheinlich jede Seite nur danach getrachtet, möglichst viel von der anderen Seite zu verhindern, anstatt zu schauen, dass man gemeinsam ein gutes Ergebnis erreicht – und daher jetzt eben dieses Ergebnis.

Inhaltlich ist nicht wirklich viel geschehen: Es ist bloß eine Anpassung der Wertgrenzen an die Inflation, und der Untreue-Paragraph lässt weiterhin viel Spielraum für wirt­schaftsfeindliche Interpretationen zu, und das ist falsch.

Diesem Paragraphen fehlt die Voraussetzung der absichtlichen Schädigungsabsicht für die Tatbestandverwirklichung. Das wäre doch Voraussetzung dafür, dass überhaupt Untreue vorliegt! Wie soll so jemals eine Bank noch einen Sanierungskredit vergeben dürfen? Und eine Geschäftsentscheidung muss doch rechtlich halten, wenn sich die Eigentümer zu etwas entschließen! Ich zitiere Professor Fuchs:

„Wenn alle Aktionäre oder Gesellschafter zustimmen und das Geld von der Tochter zur Mutter fließt, dann gibt es keine Untreue, weil kein Schaden eingetreten ist.“ – Zitat­ende.

Wo endet die Freiheit eines Managers in seinen geschäftlichen Entscheidungen? Wenn er oder sie eine Investitionsentscheidung trifft, die gut geht, dann erwarten sich alle eine fette Dividende, wenn er oder sie eine Investitionsentscheidung trifft, die in die Hose geht, dann soll das Strafrecht kommen? Oder auch wenn er oder sie diese Entscheidung mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Eigentümer getroffen hat? – Das ist doch absurd!

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite