Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 257

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und da muss die Rechtsordnung mit diesen technischen und gesellschaftlichen Veränderungen Schritt halten und den Menschen auch den erforderlichen Schutz bieten. Mit dem Tatbestand von Cybermobbing, auch mit der Neugestaltung, mit der Neuformulierung der gefährlichen Drohung, aber auch mit der Neuformulierung des Verhetzungsparagraphen sind wesentliche Schritte gesetzt worden, um diesen Schutz der Bevölkerung auch bieten zu können.

Was mir allerdings auch sehr, sehr wichtig erscheint, ist die breitere Bewusstseins­bildung. Ich denke, das Unrechtsbewusstsein in diesen Bereichen ist noch nicht aus­reichend ausgeprägt, wobei man sagen muss: Bei der Jugend, stelle ich mir vor, ist das noch am besten durch die Schule, durch entsprechende öffentlichkeitsbildende Maßnahmen verankert. Aber wir brauchen in der Bevölkerung eine breite Bewusst­seinsbildung, weil, wie ich denke, vielen nicht bewusst ist, dass sie sich schon mit einem Fuß oder mit zwei Füßen im strafrechtlichen Bereich befinden, wenn sie so manches auf Facebook stellen, über Twitter oder über sonstige Medien verbreiten.

Daher möchte ich Sie auffordern, Herr Minister, auch da eine breite Bewusstseins­bildung in Gang zu setzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.35


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordnete Dr. Scherak zu Wort. – Bitte.

 


17.35.40

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Ganz kurz am Anfang zur Frage des Schutzes der sexuellen Selbstbe­stimmung und der sexuellen Belästigung. Ich kann Ihnen, Frau Kollegin Wurm, nur völlig recht geben, ich glaube, es ist eine gute Lösung. Und ich halte es auch insbe­sondere vor dem Hintergrund dieser Debatte, die in einer unerträglichen Art und Weise geführt wurde, für sehr gut, dass wir da eine Lösung haben, da solche Verhaltens­weisen einfach ins Strafrecht gehören, da sie nicht zu billigen sind, und sie dort also auch, wenn man das Ultima-Ratio-Prinzip ganz eng auslegt, wirklich hingehören. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine andere Sache, zur Meinungsäußerungsfreiheit: Meinungsäußerungen sind nicht nur dann legitim, wenn sie einem gefallen, sondern auch dann, wenn sie beleidigen, wenn sie schockieren, wenn sie verstören, nämlich sowohl die Bevölkerung als auch den Staat. In Österreich gibt es aber leider immer noch einen Straftatbestand, den § 282 Abs. 2, in dem jemand bestraft wird, wenn er öffentlich in einer Art und Weise, die das allgemeine Rechtsempfinden stört, eine Straftat gutheißt. Das heißt, Men­schen, die gegen Strafgesetze auftreten, indem sie die pönalisierte Handlung gut­heißen, werden mit Strafen bedroht. Und das steht meiner Meinung nach ganz klar im Konflikt mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit, wenn wir solche Äußerungen kriminalisieren.

Wenn wir uns zurückerinnern an die Frage des Homosexuellen-Paragraphen: Genau eine solche Debatte über so einen Paragraphen kann unter Umständen durch diesen Straftatbestand, den es immer noch gibt, kriminalisiert werden. Das darf so nicht sein, weil wir genau solche Diskussionen brauchen, die müssen in einer lebendigen Demo­kratie zulässig sein. Die Meinungsfreiheit ist die Mutter aller Grundrechte, da sie die Freiheit ist, die ermöglicht, dass man die anderen Grundrechte einfordert, und genau deswegen müssen wir bei Einschränkungen der Meinungsäußerungsfreiheit immer ganz, ganz behutsam sein.

Darüber hinaus ist der Paragraph auch noch totes Recht, und er rechtfertigt, wie gesagt, nicht diese massive Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit. Genau solche Delikte hätten wir auch im Rahmen der StGB-Novelle abschaffen können. Ich


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