Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 55

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Was hat Griechenland mit dieser Abstimmung vom letzten Sonntag gewonnen? – Nichts, sage ich Ihnen! (Abg. Strache: Demokratie! Herrschaft des Volkes!) Griechen­land hat an Vertrauen verloren – von Tsipras angezettelt! (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, wir müssen solidarisch sein, sonst geht dieses Projekt Europäische Union zugrun­de. Aber solidarisch sein darf kein Freibrief sein, denn Europa ist kein Selbstbedie­nungsladen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Kollege Lopatka, der Dollfuß hat das alles nicht gebraucht! – Abg. Strache: Der Dollfuß hat die eigene Bevölkerung …!)

Was sollen sich jene Regierungen in Irland, in Spanien, in Portugal, in den baltischen Staaten denken (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Österreich haben Sie vergessen!), die Sanierungsprogramme umgesetzt haben, wenn das jetzt für Griechenland nicht gelten soll?!

Und wir müssen schon mit einem Mythos aufräumen: dass die Europäische Union bisher von den Griechen nur Sparmaßnahmen gefordert hat. Sie wissen es: 50 Milliar­den € hat man den Griechen erlassen – ein beachtlicher Schuldenschnitt! (Abg. Stein­hauser: Ihr seid destruktiv!) Man darf nicht so tun, als ob wir den Griechen nicht die Zinsen erstreckt hätten, als ob nicht die Zahlungsfristen verlängert worden wären. All das ist passiert! Niemand will die Griechen aus der Eurozone vertreiben. Nur: Die Grie­chen müssen ihre Hausaufgaben erfüllen – und das können nicht wir hier machen, das sage ich Ihnen schon! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Regierung Tsipras betreibt ein teuflisches Spiel. Die Menschen in Griechenland haben ja auch das Vertrauen verloren. Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, aber: Rund die Hälfte der griechischen Spareinlagen ist in den letzten Monaten von den Griechen und Griechinnen außer Landes transferiert worden. Wenn das kein Misstrauensvotum die­ser Regierung gegenüber ist!?

Warum hat Tsipras nicht begonnen, das zu machen, was ihm empfohlen worden ist, zum Beispiel von Christine Lagarde: die Liste abzuarbeiten und mit der Schweiz Ver­handlungen zu führen, um dort an Gelder heranzukommen? Wer hat das Tsipras im letzten halben Jahr verboten, mit der Schweiz solche Verhandlungen aufzunehmen? Wer hat Tsipras daran gehindert, die exorbitant hohen Militärausgaben in Griechenland herunterzusetzen? Wer hat ihn daran gehindert? – Wir nicht, sage ich Ihnen! (Beifall bei der ÖVP.)

Oder: das Frühpensionssystem in Griechenland zu ändern; oder: sinnvolle Privatisie­rungen zu machen.

Wir wollen die Griechen nicht fallen lassen. Aber Tsipras darf sein eigenes Volk auch nicht in Geiselhaft nehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kogler: Vorschläge!)

Daher, meine Damen und Herren – ich komme damit zum Schluss –, ich hoffe, dass die Regierungschefs in Europa kühlen Kopf bewahren (Ruf bei den Grünen: So wie Sie!), und ich hoffe, dass Österreich auf der richtigen Seite steht. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) Ich sage Ihnen, Kollege Kogler, was ich mit „richtiger Seite“ meine:

In Frankreich ist letzte Woche eine Meinungsumfrage gemacht worden. Diese hat er­geben, dass 24 Prozent der Franzosen ihrem Staatspräsidenten vertrauen, wenn es um die Lösung der Krise zwischen Griechenland und der Europäischen Union geht. 44 Prozent der Franzosen vertrauen in dieser Umfrage Angela Merkel. Sie vertrauen Angela Merkel mehr als ihrem eigenen Mann an der Spitze.

Auch ich persönlich vertraue Angela Merkel. (Beifall bei der ÖVP. – Lebhafte Zwi­schenrufe bei den Grünen.) Ich vertraue Angela Merkel und den skandinavischen Re­gierungschefs, dass sie da das Richtige machen. Und ich ersuche Sie, Herr Bundes­kanzler, auf der richtigen Seite zu stehen, wenn die Regierungschefs diese zweifels­ohne schwierige Entscheidung zu treffen haben, damit dieses Projekt Europäische Uni-


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