Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 62

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Herr Bundeskanzler! Sechs Punkte sind es, die Griechenland liefern muss. Dieser ge­wählte Premier in Griechenland muss jetzt liefern. Tsipras muss liefern und darf nicht die ganze Europäische Union wie am Nasenring durch die Manege ziehen.

Erster Punkt: Wettbewerbsfähigkeit des Landes. – Viele Teile sind in einer Planwirt­schaft, die noch dazu von Korruption und Klientelwirtschaft durchzogen ist. Diese Be­reiche sind zu öffnen, damit Arbeitsplätze geschaffen werden können. Das sagen alle Expertinnen und Experten. Und das müssen Sie einmal Ihren Kollegen von den So­zialisten und Konservativen mit auf den Weg geben. Das ist seit vielen Jahren ersicht­lich. Also: Wettbewerbsfähigkeit des Landes erhöhen.

Zweitens: moderne Steuereintreibungsmethoden, ein modernes Steuersystem, Mo­dernisierung der Verwaltung, auch mit einem Grundbuch. – Warum haben Sie das nicht schon längst erzwungen, als europäischer Partner?! Wenn wir hineinzahlen, dann können wir so etwas auch erzwingen. Strenge Rechnung, gute Freunde! Und wenn wir als Freunde solidarisch sind, dann erwarten wir, dass solche modernen europäischen Standards auch umgesetzt werden.

Drittens: entschlossenes Einbinden der Steuerflüchtlinge und der Oligarchen. – Das ist doch so unerklärlich: dass die Griechen die Schweizer noch nicht in die Pflicht ge­nommen haben! Die Österreicher haben es ja auch geschafft, dass sie die Schweizer in die Pflicht nehmen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das müsst ihr eurer Schwesterpartei sagen, die da über Jahre und Jahrzehnte regiert hat. Es ist unwürdig, dem österreichischen Steuerzahler gegenüber zu sagen: Österrei­cher zahlt! – und die griechischen Oligarchen sitzen auf Milliardentöpfen. Da brauchen wir Druck von Ihren Schwesterparteien und von Ihnen!

Ich kann doch den Letten nicht sagen, die 300 € Durchschnittspension haben, den Slo­waken, die weniger Durchschnittspension haben als die Griechen: Zahlt mit im Schul­denschnitt!, wenn wir nicht gleichzeitig die Oligarchen in den Schwitzkasten nehmen, und zwar ordentlich. Und das müssen Ihre Schwesterparteien machen!

Viertens: weitere Privatisierungen. – In Griechenland sind von 11 Millionen Menschen 800 000 Menschen in Jobs im öffentlichen Bereich. Das ist doch absurd! Jeder Cousin von einem Parteimitglied hat dort einen Job bekommen. Die Lohnsumme im öffentli­chen Bereich wurde von 2001 bis 2009 verdoppelt! Das ist absurd! Das ist Vettern­wirtschaft der schlimmsten Art. Da könnte selbst der Häupl noch etwas lernen.

Fünftens: Militärausgaben runter! – Es ist natürlich eine Sauerei, dass die Griechen Militärausgaben haben in einem Umfang, der aus europäischer Sicht weder notwendig noch nachvollziehbar ist. Und dann sagen sie, sie wollen sie um 200 Millionen hinun­tersetzen. Das ist nicht zu akzeptieren. Da müssen Sie Druck ausüben!

Sechste Bedingung: Entschlossenes Zurückdrängen der Korruption. – Ich will hier ei­ne klare Legislation, wie der Englische Ausdruck dafür lautet, ich will hier Gesetzge­bung sehen, wie die Griechen die Korruption zurückdrängen.

Wenn diese Bedingungen gegeben sind, dann wird Österreich wahrscheinlich solida­risch sein, denn es wird solidarisch sein müssen. Aber klar ist auch: Wenn die Grie­chen gemäß diesen sechs Punkten nicht liefern, wenn Tsipras und seine Regierung das nicht liefern, dann kann ich Ihnen sagen: nur aus purer Freundschaft und Naivität werden die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht einspringen, und schon gar nicht die Slowaken und die Letten.

Sie haben die letzten sechs Monate Zeit vergeigt, gemeinsam mit den Griechen. Sie haben jetzt nur mehr wenige Wochen Zeit. Und wir werden bald zurück sein im Hohen Haus, denn wir werden, so wie es ausschaut, eine Sondersitzung brauchen – ESM-Un-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite