Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 72

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gliedstaat. Und dann hätten wir noch das System, dass jede dieser Regionen ihre Steuern selbst einhebt.

Wissen Sie, wie viel Wien da kriegen würde, wenn das nicht an das Finanzministerium fließen würde? (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Nichts, denn Wien ist bankrott!) – Das Zwei- bis Dreifache jenen Anteils, den es über den Finanzausgleich hat, weil hier die Firmensitze sind, weil hier die Zentralen sind.

Und dann würde mit dem Waldviertel diskutiert und gesagt werden: Freunde, ihr könnt ja nicht einmal genug zum Leben produzieren, und dann kommt ihr auch noch und macht Schulden! Es würde über Jahre eine ungleiche Bilanz erstellt werden, und dann würden wir uns wundern, dass die nicht mehr zahlen können. – Das funktioniert nicht und kann nicht funktionieren!

Deswegen haben wir in Österreich einen Finanzausgleich, deswegen heben wir die Steuern zentral ein und verteilen sie an alle. Das ist das funktionierende System. Fehlt dieser Teil, dann haben wir in der gesamten Europäischen Union, aber vor allem in der Eurozone ebenfalls weiterzuarbeiten, weil wir auch reformpflichtig sind, nicht nur die griechischen Freunde.

Die Handelsbilanzungleichheiten funktionieren nämlich nicht auf Dauer. Ein Kaufmann, der seine Kunden jeden Tag anschreiben lässt, wird am Ende kein Geld bekommen und zusperren müssen. Das geht nicht.

Zur Rolle der EZB: Es gibt einen ganz guten Artikel in der gestrigen Ausgabe des „Standard“ von András Szigetvari dazu, wie viel Schuld eigentlich die EZB dazu bei­trägt.

Finanzminister Schelling hat uns im Budgetausschuss zu Recht darauf hingewiesen, dass die 90 Milliarden ELA-Kredite ja kein weiterer Kredit der anderen Mitgliedstaaten sind. Das ist eine Verrechnungsposition der griechischen Nationalbank. Es ist nicht die EZB, die das zur Verfügung stellt. Sie darf nur mitreden und es genehmigen oder ver­bieten, damit nicht eine nationale Notenbank das Geldvolumen beliebig ausweitet.

Aber in Zeiten von 0,2 Prozent Inflation, in denen die EZB selbst einen 1 600-Milliar­den-Kauf von Wertpapieren vornimmt, zu sagen, das Mitgliedsland Griechenland dürfe nicht mehr mehr als 90 Milliarden haben, ist eine reine Strafsanktion, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Das ist ein Strangulieren-Wollen, damit es dort eskaliert.

Herr Kollege Lopotka, das ist keine Partnerschaft. (Ruf bei der FPÖ: Lopatka!) Grie­chenland wird massiv unter Druck gesetzt! Und der Weg des Bundeskanzlers, zu re­den und für eine vernünftige Lösung zu sorgen, ist tausendmal besser, als das Schoß­hündchen für deutsche Politiker zu sein. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da nehme ich die Frau Merkel und unsere eigenen Freunde von der SPD nicht aus: zaudern, zögern und nur Partikularinteressen vertreten. Und hier wird Ihre Partnerschaft gefordert sein – und das wäre die bessere Aufgabe, die Sie erfüllen können, als hier Brandreden zu halten, Herr Lopotka (Ruf bei der FPÖ: Lopatka!), in unserer Partner­schaft.

Reden Sie einmal mit Frau Merkel oder mit Herrn Seehofer – dem wirtschaftspoliti­schen Kapazunder aus München. (Ruf bei der FPÖ: Einmal geht es noch: Lopotka!) Das sind die Scharfmacher in der deutschen Innenpolitik, die provozieren das. Das wä­re ein besserer Dienst, als hier von diesem Rednerpult aus solche Reden zu halten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe.) – Auch nicht besser, wir machen es ja. Wir re­den offen mit denen. Falsche Position. Der Bundeskanzler hat die richtige Position – übrigens, Hans Jörg Schelling auch besser. (Abg. Lopatka: Franz Vranitzky! Orientie­ren Sie sich an Franz Vranitzky! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Aber Herr Lopotka (Rufe: Lopatka!) hat sie nicht.

 


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