Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 79

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ja an sich noch nicht das Problem, wenn die Löhne steigen. Das Problem ist nur, wenn die Produktivität nicht mit steigt, und das ist passiert. Im Ergebnis hat diese griechi­sche Finanz- und Wirtschaftspolitik dazu geführt, dass das Land, dass die griechische Wirtschaft nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Und das muss man wissen, wenn man nach Lösungen sucht.

Und wie stehen wir jetzt da? Wie ist die Lage jetzt, sieben Jahre nach der Finanzkrise, nach fünf Jahren Rettungsprogramme? Rund 300 Milliarden € sind nach Griechenland geflossen, in der einen oder anderen Form. Ja, auch ein Teil davon zu Banken. Das ist auch zu kritisieren. Es wäre besser gewesen, wenn Banken direkt gerettet worden wä­ren – und nicht über den griechischen Umweg. Aber es ist nicht alles dort hineinge­flossen, zirka ein Drittel davon ist an Banken geflossen. Der Rest ist benützt worden, um ein System, das chronisch mehr ausgibt, als es einnimmt, über Wasser zu halten und zu finanzieren.

Was definitiv nicht passiert ist, sind Reformen, auch das ist klar, notwendige struktu­relle Reformen. Was schon passiert ist: dass sich in diesen fünf Jahren Rettungspro­gramme die Gläubigerstruktur vollkommen geändert hat. Nämlich von einer Mehrheit von privaten Gläubigern sind wir zu einer fast ausschließlich öffentlichen Gläubiger­struktur gekommen. Jetzt haften, jetzt zahlen die europäischen Steuerzahler.

Das Tragische an dieser Sache ist, dass der Streit jetzt nicht zwischen Griechenland und privaten Banken und Investoren geführt wird, sondern zwischen Griechenland und anderen europäischen Staaten. Das heißt, diese Umstrukturierung der griechischen Schulden von privat zu öffentlich hat das europäische Einigungsprojekt in den letzten fünf Jahren geschädigt. Das war sicherlich ein Fehler, den uns auch wir, den sich auch die europäischen Staaten vorwerfen lassen müssen.

Aber wie kommen wir jetzt aus diesem Schlamassel heraus? – Wir kommen sicherlich nicht aus diesem Schlamassel heraus, wenn wir den Kurs der letzten fünf Jahre fort­setzen. Denn, wie es so schön heißt: Wahnsinn ist, wenn man immer wieder dasselbe macht und glaubt, dass etwas anderes herauskommt!

Daher können wir nicht dasselbe weitermachen und glauben, dass sich jetzt in Grie­chenland die Situation ändert. Wir können nicht auf Kosten der europäischen und der österreichischen Steuerzahler weiter Milliarden in ein Fass ohne Boden hineinschütten, wenn es ein Fass ohne Boden bleibt. Und ein Fass ohne Boden bleibt es, wenn keine Strukturreformen geschehen.

Jetzt muss man auch klar und deutlich festhalten, dass Reformen von außen nicht auf­zwingbar sind. Das funktioniert weder bei einzelnen Menschen, das funktioniert auch nicht bei Ländern. Man kann sich nur ändern, wenn man innerlich davon überzeugt ist, dass Änderung notwendig ist, und dann diesen Weg beschreitet.

Das heißt, die Lösung liegt nicht in Brüssel, sondern die Lösung liegt in Athen. Die Lö­sung liegt bei der griechischen Regierung. Diese griechische Regierung muss Ver­antwortung übernehmen! Es ist egal, ob sie diese Verantwortung übernimmt, indem sie Reformen einleitet innerhalb oder außerhalb des Euro – das hat alles Vor- und Nach­teile –, aber entscheidend ist, dass die griechische Regierung Verantwortung über­nimmt, sich für einen Weg entscheidet und diesen Weg konsequent weitergeht.

Diese Führungsverantwortung brauchen wir in diesem gemeinsamen europäischen Haus. Wenn wir die nicht haben, wird dieses gemeinsame europäische Haus weiter beschä­digt werden. Wenn die griechische Regierung Führungsverantwortung über­nimmt, dann wird es auch an der europäischen Solidarität nicht fehlen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

12.43

 


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