Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 78

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Und dass der Herr Finanzminister das jetzt auch so sieht, hat er heute auch gesagt: Man muss zu seinem Partner stehen!

Jetzt frage ich Sie einmal, Herr Minister: Wie ist das zum Beispiel, wenn in einer Familie der Mann, anstatt dass er das Geld nach Hause bringt, es am Abend im Wirts­haus durchbringt, das ganze Geld versäuft und die Kinder zu Hause Hunger haben und die Frau immer wieder sagt: So geht es nicht weiter!, und der Mann immer wieder sagt: Ja, ich werde mich bessern, das wird nie wieder vorkommen!, wenn jahrelang das Geld versoffen wird und sich keiner um die Kinder kümmert? Was ist dann mit der Part­nerschaft? Wie lang soll die Frau dann noch zusehen? Wie lang wollen wir den Grie­chen noch Glauben schenken, wie lange? (Bundesminister Schelling: Herr Lugar, bis Sonntag!) – Bis Sonntag, ganz genau! Ich hoffe, dass Sie nicht über die Hintertür ir­gendwelche Kunstgriffe auspacken, um die Griechen wieder mit Geld zu versorgen, wo sie uns doch tausendfach, hunderttausendfach bewiesen haben, dass sie einfach nicht wollen.

Wenn andere sagen, das ist nicht zu schaffen, dann stimmt das nicht. Lettland hatte – genauso wie Griechenland – 2009 die gleiche Situation. Lettland ist absolut vergleich­bar mit Griechenland. Lettland hat genauso eine BIP-Schrumpfung von einem Viertel hinnehmen müssen, genauso viel Arbeitslosigkeit, ist also das absolut gleiche Beispiel. Der Unterschied ist nur der, dass Lettland damals, 2009, die richtigen Entscheidungen getroffen hat, nämlich harte Einschnitte zu machen, ein Sparprogramm zu fahren und die Verwaltung zu reduzieren – all das, was jetzt die Troika will und was so furchtbar ist in den Augen der Linken. All das hat Lettland gemacht, und Lettland steht heute gut da, weil sich die lettische Bevölkerung hinter ihre Regierung gestellt und gesagt hat: Ja, wir wollen aus eigener Kraft aus dieser Misere raus! Und die Griechen stellen sich hinter ihre Regierung und sagen gemeinsam mit ihrer Regierung: Nein, wir wollen das nicht! Gefälligst sollen die anderen für uns zahlen! – Es mag sein, dass das aus der Sicht der Griechen vernünftig ist, aber es ist nicht vernünftig, dafür zu zahlen! (Beifall beim Team Stronach.)

12.37


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hable zu Wort. – Bitte.

 


12.37.51

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Werte Bürgerinnen und Bürger! Lassen Sie mich nun ge­gen Ende der Debatte zum Thema Griechenland versuchen zusammenzufassen und zu erläutern, wie wir in dieses Schlamassel hineingeraten sind, was jetzt die Situation ist, und vor allem, wie wir aus diesem Schlamassel wieder herauskommen.

Wie sind wir, wie ist Griechenland in dieses Schlamassel hineingeraten? Griechenland ist ein Land, das zutiefst geprägt ist von Klientelpolitik. Das kennen wir auch aus Ös­terreich, aber Griechenland hat das bis zum Exzess übertrieben, ist auch zutiefst ver­wurzelt in der Geschichte und nicht von heute auf morgen zu beenden. Aber das be­deutet, dass es relativ wenig Sinn fürs Gemeinwesen gibt und sehr viel Sinn für die ei­gene Klientel. Das bedeutet, dass es ein tiefes Misstrauen gegenüber allen staatlichen Institutionen gibt – mit der Folge, dass das Staatswesen nicht funktioniert.

Es wäre die Mitgliedschaft Griechenlands in der Europäischen Union, im Euro eine Chance gewesen, eine Chance gewesen zu modernisieren. Nur ist diese Chance nicht ergriffen worden von den griechischen Regierungen, sondern sie haben die niedrigen Zinsen, die der Euro gebracht hat, dazu benützt, sich zu verschulden. Zuerst der öf­fentliche Sektor, dann ist der private Sektor gefolgt, dann sind die Löhne gestiegen, zuerst im öffentlichen Sektor, dann hat der private Sektor mitziehen müssen. Das wäre


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