Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 80

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Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ertl­schweiger. – Bitte.

 


12.43.53

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (STRONACH): Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Werte Frau Bundesministerin! Herr Finanzminister! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Griechenland: ein Thema, das uns alle massiv betrifft. Wir ha­ben heute in der Debatte gesehen, wie hoch die Emotionen gekocht sind.

Kollege Kucher von der SPÖ hat vorher gesagt – das hat mir gefallen –: Die Wahrheit liegt in der Mitte. Ja, die Wahrheit liegt in der Mitte, und eines ist klar: Wir zahlen die Zeche! Ganz egal, wie die Zeche ausschauen wird, ob das jetzt die 9 Milliarden € sind, für die wir grosso modo im schlechtesten Fall geradestehen müssen – wie Kollege Krainer heute dem „Kurier“ gegenüber gesagt hat –, oder ob wir zahlen müssen für die humanitäre Hilfe, die nötig sein wird, wenn Griechenland de facto wirklich pleite ist. Denn niemand kann sich dann aus der Verantwortung stehlen und sagen, Österreich tritt nicht für eine humanitäre Hilfe ein. Das wird es nicht spielen. Das heißt, wir zahlen die Zeche in jedem Fall.

Eines beweist das Beispiel Griechenland wieder: Die Leidtragenden und die wirklich ar­men Hunde in diesem ganzen Spiel sind wieder die Menschen, Menschen, die vor dem Bankomaten stehen, am Tag 60 € abheben können, die nicht ihre Schäfchen im Trockenen haben wie die Milliardäre oder Millionäre, das sind die armen Menschen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Kollege Lugar hat es heute gesagt: Die Problematik ist, dass Griechenland über Jahre hinweg nicht gelernt hat, überhaupt Steuern zu zahlen, oder dass die Griechen für die Selbstverständlichkeit des Steuerzahlens gar nie sensibilisiert worden sind. Estland, Lettland, Litauen, auch diese Länder haben wirtschaftliche Krisen hinter sich, aber auch diese Länder haben es geschafft, und zwar durch politischen Willen und durch schmerz­hafte Reformen, einen Turnaround zu erreichen. Das wird auch den Griechen nicht er­spart bleiben.

Kein funktionierendes Steuersystem, kein Grundbuch, kein Verständnis dafür, Steuer zu zahlen – ich meine, das ist doch einer Europäischen Union unwürdig, bitte! Wo gibt es denn das auf der Welt? Auf welchem Planeten leben wir?

Wenn ich höre, 70 Milliarden € beträgt die Steuerschuld der Griechen beim Finanzamt, dann frage ich mich, wie das möglich sein kann. Wenn das in Österreich der Fall ist, steht am nächsten Tag die Finanzpolizei vor der Tür. Was heißt am nächsten Tag? Am selben Tag! Das heißt, da ist wirklich eine Solidarität angesagt, aber eine Solidarität, die Prioritäten verlangt.

Meine Damen und Herren, Solidarität ist aber auch unseren Mitbürgern, der österrei­chischen Bevölkerung gegenüber angesagt, denn: Wie viele Menschen leben hier an der Armutsgrenze? Wie viele Menschen sind hier arbeitslos? Wie viele Menschen brau­chen hier eine nötige finanzielle Unterstützung? Gehen Sie hinaus auf die Straße, re­den Sie mit den Menschen: Hier ist das Verständnis enden wollend, dass wir weiterhin Geld, Milliarden nach Griechenland pumpen, und die eigenen Leute haben kein Geld. Das versteht niemand! So kann es nicht sein! (Beifall beim Team Stronach.)

Deshalb ist auch mein Appell an den Herrn Bundeskanzler, wenn er zu den Ge­sprächen fährt: Vertreten Sie bei der EU vor allem auch Österreichs Interessen, bei al­lem Verständnis für eine gemeinsame Zielsetzung! Das bedeutet für mich: keine wei­teren Zahlungen nach Griechenland, aber humanitäre Unterstützung für die Bevölke­rung, wenn es wirklich zum Fall des Falles kommen sollte. Sorgen Sie dafür, dass un-


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