Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 34

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wie das Amen im Gebet weitere Schnitte, weitere Verhandlungsrunden mit Griechen-land haben.

Sie wissen, dass der Schuldenberg von 320 Milliarden € von den Griechen nicht zu tragen ist. Und Sie wissen auch, dass das ESM-Regime eigentlich rechtlich gar nicht zulässig ist, weil drinnen steht: ESM kommt nur infrage, wenn die Schuldentrag-fähigkeit gewährleistet ist. Selbst der Internationale Währungsfonds – nicht nur NEOS – sagt, die Schuldentragfähigkeit ist nicht gewährleistet. Das heißt, wir beugen einmal mehr europäisches Recht. Jetzt könnten wir sagen: Wenn wir damit Menschen helfen, dann machen wir es halt! – Auch nicht schön, aber dann könnten wir darüber reden, dass man hier zu anderen Interpretationen kommt.

Das Thema ist aber, das Geld kommt nicht bei den Menschen an. Wir haben es nach-gerechnet: 92 Prozent des Nettokapitalbedarfs von 81,7 Milliarden €, die von August 2015 bis Juli 2018 fließen, gehen in den Schuldendienst und in die Bankenret-tung. Das heißt, wir schicken Geld im Kreis, und es kommt bei den griechischen Bürgerinnen und Bürgern nicht vorbei! Das Thema Wachstum ist natürlich auch nicht genügend adressiert. Wie kommen denn Arbeitsplätze in Griechenland zustande, wenn wir das Geld im Kreis schicken?

Und ja, Herr Bundeskanzler, ich sehe das harte Ringen, ich unterstelle da niemandem irgendwie Böswilligkeit, sondern das war ein tougher Job und da haben sich alle „einig’haut“, nur das Ergebnis ist ungenügend.

Wenn Griechenland mit 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung in dieser Europäischen Union die gesamte Union, den ganzen Kontinent und die halbe Welt über Jahre in seinen Bann ziehen kann, dann müssen wir doch erkennen, dass da die Prozesse, die Regelwerke nicht stimmen. – Und dazu habe ich gar nichts gehört. Wir gehen aus dieser nächsten Runde der Versäumnisse heraus, ohne dass wir die Regeln, die Pro­zesse entschlossen ändern. Das hätten wir mitbeschließen müssen. Das ist euro­päische Solidarität! (Beifall bei den NEOS.)

Da geht es um die Zukunft unserer Kinder – und nicht nur der griechischen, die uns aber auch wichtig sind. Natürlich ist es beklemmend, wenn die Selbstmordrate steigt und die Säuglingssterblichkeit steigt. Europa wird alles tun müssen, um da eine Trend­umkehr zu schaffen, so die Daten stimmen, die hier am Tisch sind. Das kann nicht Europa sein!

Was ist die Lösung, die wir anstreben und seit drei Jahren – seit es NEOS gibt – propa­gieren? – Eine geordnete Insolvenz mit einem Schuldenschnitt. Wir brauchen einen Schuldenschnitt, und Sie machen jetzt einen versteckten Schuldenschnitt; so irgendwie hintenherum. Sie werden in zwei, drei Jahren wieder am Verhandlungstisch sitzen, wo Sie den verdeckten Schuldenschnitt ein bisschen expliziter machen müssen: durch Strecken, durch Zinssenkungen et cetera. Zahlen wird es trotzdem der Steuerzahler. Ich mag das nicht mehr, dass beim europäischen Gemeinschaftsprojekt mit so unlauteren Methoden herumgemurkst wird. Das ist nicht ehrlich! (Beifall bei den NEOS.)

So kann das auch keinen Rückhalt bei der Bevölkerung bekommen, wenn wir uns immer vor der Wirklichkeit wegducken und sagen, dass wir es irgendwie so hintricksen müssen, dass wir die Zustimmungen bekommen. Das geht so nicht. Wir müssen reinen Wein einschenken, und dann werden sich die europäischen Völker auch dazu bekennen müssen, ob sie in diesem gemeinsamen Europa leben wollen.

Deswegen brauchen wir einen entschlossenen Neustart für Griechenland mit Schul­denschnitt und einer geordneten Insolvenz. Herr Bundeskanzler, nehmen Sie alle Entschlossenheit zusammen; wir brauchen – und das ist meine Bitte – einen neuen


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