Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 41

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verkaufen, Herr Bundeskanzler, dann frage ich mich, wie Sie in Zukunft Misserfolg definieren wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber eines kann ich Ihnen auch sagen: Das Einzige, was in dieser EU funktioniert, ist diese Regulierungswut, die von den Brüsseler Beamten so im Quartalstakt immer wieder auf uns hereinbricht. (Abg. Amon: Wo ist Ihr Alternativkonzept?) Das hat mit den Glühbirnen angefangen, geht über Staubsauger, Haarfön, Mischthermen, Allergen­verordnung, Duschköpfe, Olivenölkännchen, und, und, und – das funktioniert! Das schädigt unsere Wirtschaft im globalen Wettbewerb, das macht sie schwächer, das kostet Tausende von Arbeitsplätze. (Abg. Wöginger: Exportiert Vorarlberg nichts?)

Was auch funktioniert, sind die Sanktionen, die uns die Amerikaner aufs Auge gedrückt haben, um den Russen wehzutun. Da sind wir auch dabei. Wir verlieren alleine in Öster­reich in den nächsten fünf Jahren aufgrund dieser wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland noch einmal 45 000 Arbeitsplätze. (Abg. Strache: Und die Amerikaner machen die Geschäfte!) Das funktioniert, und alles andere in dieser EU funktioniert nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Das hat interessanterweise gestern auch Günter Verheugen zugegeben, sozialde­mokratischer Bundesminister unter der Regierung Schröder. Von Ihnen (in Richtung ÖVP) war der Herr Altmaier dabei, der hat nicht mehr viel dazu gesagt. Es waren noch etliche andere Kapazunder dabei, was Wirtschaftsexperten anlangt. (Abg. Kogler: Das soll ein Kapazunder sein? Der ist ein Cappuccino!) Und das alles wollen Sie als Erfolg verkaufen.

Herr Schelling, Sie haben gesagt, strenge Regeln sind einzuhalten, auch für die Griechen. – Ich sage Ihnen eines: Die strengen Regeln werden von den EU-Staaten, von den Mitgliedstaaten, auch von den Euromitgliedstaaten sowieso nicht eingehalten, denn nur noch ein Drittel aller EU-Mitgliedstaaten hält die Maastricht-Kriterien mit der Verschuldungsgrenze ein. Die Hälfte der Länder ist über den 3 Prozent an Neuver­schuldung pro Jahr, was auch ja nicht genehmigt und vorgesehen wäre.

Jetzt gehe ich nur noch auf ein Beispiel ein, was den Griechen abverlangt wird. Sie sagen, es wird ein Fonds mit 50 Milliarden € gegründet, aus dem heraus sich die Griechen dann in Zukunft die Wirtschaft selber finanzieren können und womit der Wirtschaftskreislauf wieder in Gang kommen sollte. Und gefüllt werden sollte dieser 50 Milliarden-Topf mit dem Verkauf von Staatsbetrieben. Das wundert mich übrigens, dass die Sozialdemokraten, die ja strikt gegen Verkauf von Staatsbetrieben oder eine Sonntagsöffnung sind, das jetzt von den Sozialdemokraten in Griechenland verlangen wollen. Das müssen Sie auch einmal erklären, woher da Ihr Sinnes- oder Geistes­wechsel herkommt. (Abg. Schieder: Das ist kein „Geisteswechsel“! Wir sind für die Hilfe für Griechenland, aber nicht für jedes Detail dieses Programms!)

Und dann frage ich Sie: Wie wollen Sie diese 50 Milliarden zusammenbringen? Gestern haben Sie im ESM-Ausschuss gesagt, die Banken stehen relativ gut da, und wenn die Griechen die Banken verkaufen, müssten 30 Milliarden zu erreichen sein.

Woher Sie diese Euphorie oder diesen Optimismus nehmen, dass das eintritt, das frage ich Sie. Ich sage Ihnen nur ein Beispiel: Der Hafen von Piräus ist einer der größten Häfen in Griechenland. Aufgrund der Tatsache, dass man in den letzten zehn oder fünfzehn Jahren so gut wie nichts investiert hat, ist der Hafen von Piräus laut Auskunft mehrerer Wirtschaftsexperten in ganz Europa genau 350 Millionen € wert. Und jetzt frage ich Sie, wie Sie einen Topf mit 50 Milliarden € füllen wollen, wenn einer der größten Staatsbetriebe in Griechenland nur noch 350 Millionen € wert ist.

Also Ihre Fehleinschätzungen in allen Ehren, aber, wissen Sie, Herr Bundeskanzler, so werden wir nicht weiterkommen. Und der Herr Schäuble hat nicht unrecht, wenn er


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