Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 58

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Grexit-Szenario gehabt; und das ist eine kleine Ungenauigkeit in der Argumentation, Herr Kollege.

Man hat sich von Sonntag auf Montag auf eine Position der Mitte verständigt. Es ist ein Kompromiss, wie es in der Europäischen Union üblich ist. Es gibt Unterstützungen nur mit Auflagen, unterstützt wird nur dann, wenn Programme umgesetzt sind. Der Herr Finanzminister hat das bereits sehr treffend erklärt. Diese Diskussion, die viele von uns vielleicht im Liveticker mitverfolgt haben, ist kurz vor dem Abbruch gestanden. Es war anscheinend Donald Tusk, der zu Merkel und Tsipras gesagt hat: Nein, ihr bleibt jetzt da, und wir verhandeln weiter!

Letztendlich hat es in dieser Nacht einen Sieger gegeben. Dieser Sieger war der Wert der Gemeinschaft. Denn Gemeinschaft kann nur dann funktionieren, wenn es Regeln und vor allem in dieser Situation strenge Regeln gibt. Ich bin überzeugt davon, dass dieses Meinungsportfolio, das wir auch bei uns in Österreich und in diesem Hohen Haus verspüren und das auch in der ganzen Europäischen Union gegeben ist, ganz intensiv ausdiskutiert worden ist. Es liegt jetzt dieser Kompromiss auf dem Tisch, der letztendlich einen Grexit, den wir alle verhindern wollen, verhindert hat.

Griechenland war auf einem guten Weg, der IWF hat das bestätigt, nur, als Tsipras gekommen ist – das wurde auch schon ausgeführt –, sind eben gewisse Maßnahmen nicht fortgeführt worden. Das war eigentlich der Beginn der Problematik, warum wir heute hier zusammentreffen.

Es gilt an dieser Stelle festzuhalten, dass es wichtig ist, die Reformkräfte in Griechen­land zu stärken, da wir auch wissen, dass ein großer Prozentsatz bei diesem Referen­dum zwar das Sparpaket abgelehnt hat, aber auf der anderen Seite das griechische Volk zu einem großen Prozentsatz in der Eurozone und in der Europäischen Union bleiben möchte.

Griechenland hat einen steinigen Weg vor sich. Die Demokratie ist zweifellos zu stär­ken. Ein Referendum, so wie es an diesem besagten Sonntag vom Zaun gebrochen worden ist, eigentlich mit dem Hintergrund, die Verhandlungen auf europäischer Ebene zu bestärken, ist eigentlich ein Missbrauch; ein Missbrauch der direkten Demokratie. Das sollte man abstellen.

Die Pensionen sind zu reformieren, wie auch bei uns in Österreich. Es braucht stabile Steuersysteme, es braucht mehr Rechtstaatlichkeit in diesem Land. Auf diesem Weg werden die Europäische Union und die österreichische Bundesregierung Griechenland mit Sicherheit begleiten. Und es gilt, die Wirtschaft aufzubauen. Ich bin überzeugt davon, dass die Ressourcen in Griechenland dafür vorhanden sind.

Wenn uns wieder von den eher nationalistisch angehauchten Kräften in Europa und vielleicht auch in unserem Land erklärt wird, dass man Finanzmärkte und gesunde Banken für Investitionen in eine Volkswirtschaft in einem Land nicht braucht, dann ist das schlichtweg naiv und fern der Realität.

Zwei Gedanken zu den Extrempositionen, die wir immer wieder im politischen Diskurs finden: Das eine sind die eher nationalistisch angehauchten Kräfte, die so vorgehen, dass sie sagen: Wir können ja auch die Grenzen dichtmachen! – Das wird Europa und den Wirtschaftsstandort Europa nicht weiterbringen.

Auf der anderen Seite die eher linken Kräfte, die Wirtschaftstheoretiker, die Keyne­sianer, die immer auf eine expansive Geldpolitik, auf eine expansive Finanzpolitik setzen. – Auch das wird uns in Europa nicht glücklich machen, denn letztendlich – und das zeigt der Kompromiss vom Sonntag auf Montag, den wir heute auch auf den Weg bringen wollen – wird man mit Zusammenarbeit und mit Verhandlungen und mit gemeinsamen Lösungen ans Ziel kommen.

 


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