Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 63

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Aufregung um den Entschließungsantrag von Werner Kogler überhaupt nicht nach­vollziehen, aber in keiner Weise. (Abg. Rädler: Das ist aber Ihr Problem!) Sie handeln doch bitte hier nicht als Privatperson! Und selbstverständlich ist es so, dass Ihnen das Parlament, dieses österreichische Parlament hier, eine Weisung erteilen kann. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Wer Ihnen aber mit Sicherheit keine Weisung erteilen kann, das ist Herr Finanzminister Schäuble, der – gemeinsam mit vielen anderen Finanzministern – möglicherweise ver­sucht hat, Ihnen den Plan A einzureden, der gelautet hat: Wir werden es nicht zulas­sen, dass es in Griechenland zu einem Kurswechsel der europäischen Politik kommt.

Was wollte denn die neue Regierung in Griechenland, was wollte denn Finanzminister Varoufakis? (Abg. Hauser: Das wissen sie selber nicht!) – Natürlich wollten sie ein Ende der Austeritätspolitik, weil sie sechs Spardiktate hinter sich hatten, die dazu geführt haben, dass Griechenland von Jahr zu Jahr weiter in die Tiefe gerutscht ist. Und sie haben sich zur Wehr gesetzt (Zwischenruf der Abg. Fekter) – sie haben sich dagegen zur Wehr gesetzt, zu Recht zur Wehr gesetzt! Aber dann trat eben Schäuble auf den Plan und ist mit seinen Grexit-Fantasien zur Höchstform aufgelaufen – aber durchsetzen konnte er sich nicht!

Aber beginnen wir vielleicht ein bisschen früher, um zu begründen, warum wir heute diesen Beschluss nicht mittragen werden: Diese Einigung in der Nacht von Sonntag auf Montag hat ja schweren Schaden angerichtet. Man kann das vielleicht so um­schreiben: Operation geglückt, der europäische Gedanke tot, Griechenland tot! Schauen wir ... (Bundesminister Schelling: Sie werden ihn nicht wiederbeleben!) – Hören Sie mir einmal zu, Herr Finanzminister!

Was zumindest übrig bleibt ist, dass Europa nach dieser Einigung tief gespalten ist, weil nationale Interessen vor das Projekt Europa und vor Solidarität in Europa gestellt worden sind. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Die europäische Integration hat schwers-ten Schaden erlitten. (Beifall bei den Grünen.)

Ein zweiter Punkt, europapolitisch von Bedeutung: Griechenland – und das steht ja in dieser Einigung klipp und klar drinnen – wurde seiner Souveränität beraubt, weil sämt­liche Regierungsvorlagen von relevanter Bedeutung vorab der Troika vorgelegt werden müssen, mit ihr abgestimmt werden müssen, bevor sie ins Parlament kommen! – Bitte, damit wird Griechenland zu einem Protektorat, abhängig von der Troika, den Institu­tionen: der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Kommission und dem Wäh-rungsfonds. (Zwischenruf des Abg. Podgorschek.) Diesen Rückfall in die alte Machtpolitik, den kann und darf man in Europa schlichtweg nicht tolerieren! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Amon.)

Und nun zum dritten Hilfspaket für Griechenland selbst: Sie, Herr Finanzminister, sagen, es muss Vertrauen aufgebaut werden. – Ja, auch ich bin dafür, dass Vertrauen aufgebaut werden muss. Aber ich frage mich schon, wie man in Europa Vertrauen aufbauen kann, wenn die Regierung, bevor überhaupt Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket stattfinden, gezwungen wird, im Parlament Vorabentscheidungen zu treffen, die – entschuldigen Sie bitte, Herr Finanzminister – mit Reformen ganz wenig zu tun haben. Würden Sie allen Ernstes behaupten, die Erhöhung der Mehrwertsteuer sei eine Reform? Würden Sie allen Ernstes behaupten, Rentenkürzungen – bei denen Rentner mit niedrigen Pensionen betroffen werden – seien eine Reform?

Ja, die Unabhängigkeit des Statistischen Zentralamtes ist eine Reform – da gebe ich Ihnen recht –, aber der Hammer, der in diesen gestrigen Entscheidungen des griechi­schen Parlaments enthalten ist, ist jener: Wenn Griechenland die strikten Vorgaben für Primärüberschüsse – und die werden sehr strikt sein, und über Jahrzehnte sehr strikt sein – nicht erreichen kann, dann treten automatisch Ausgabenkürzungen in Kraft. –


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite