Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 64

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Und das nennen Sie Reform, Herr Finanzminister?! Das nenne ich Kürzungsdiktat, Herr Finanzminister! Genau von diesen Ideen ist der Plan A von Finanzminister Schäuble von Anfang an getragen gewesen, und viele Finanzminister in der Eurozone haben dabei mitgespielt.

Und sagen Sie mir nicht, Herr Finanzminister, dass Griechenland nicht erpresst wor­den wäre! Natürlich ist Griechenland erpresst worden, denn Griechenland stand mit dem Rücken zur Wand. (Abg. Podgorschek: Ja, aber aus eigenem Verschulden!) Es gab für sie die Möglichkeit, zu sagen: Ja, wir nehmen das oder wir nehmen das nicht – friss oder stirb!

Aber es gibt zu diesem Plan natürlich Alternativen. Es ist ja nicht so, dass dieser Plan um jeden Preis gefressen werden muss. (Abg. Rädler: Das glauben Sie ja nicht wirklich, oder?)

Ich meine, sehr kritisch war ja mein deutscher Kollege, der Vorsitzende der Euro­päischen Grünen Reinhard Bütikofer, der gemeint hat, der herrische, hässliche Deutsche hat in der Person Schäuble wieder ein Gesicht bekommen. – Ja, da hat er recht, mein Kollege! (Abg. Fekter: Alleine diese Hetze ist unerträglich! Das ist Hetze! – Zwischenruf des Abg. Lugar.) Da hat er recht!

Europa, meine Damen und Herren, und Griechenland verdienen sich Besseres als einen Plan A und als Erpressung durch Herrn Schäuble und andere Finanzminister (Beifall bei den Grünen – Abg. Fekter: Unglaubliche ... Hetze!), mit Spaltung, mit Destruktivität à la Schäuble, mit Destabilisierung. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist nicht der europäische Weg, den ich mir wünsche. Ich wünsche mir – und ich stehe zusammen mit anderen dafür – einen Kurswechsel in der europäischen Wirt­schaftspolitik, der überfällig ist und der auch hin zu einer Europäischen Sozialunion führen muss. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Hitzekoller! – Ruf bei der ÖVP: Schlimm!)

Aber beginnen wir nun mit dem Plan A, dem Kürzungsdiktat à la Schäuble. – Es wird eine Politik fortgesetzt, die bisher erfolglos gewesen ist. (Abg. Fekter: ... Vergleich zum Nationalsozialismus ...! Herr Rossmann, das ist dieses Hauses unwürdig! Entschul­digen Sie sich dafür, einen Vergleich mit dem Nationalsozialismus herzustellen! – Ruf bei der ÖVP: Schämen Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Sechs Sparpakete haben dazu geführt, dass in Griechenland die Wirtschaftsleistung um 23,6 Prozent gesunken ist, Frau Finanzminister außer Dienst.

Schauen wir uns an, was in Griechenland noch passiert ist: Not und Elend; viele Men-schen stehen ohne Krankenversicherung da. Die Krankenversorgung in den Kranken­häusern funktioniert nicht mehr. Die Armut steigt, die Kinder- und Säuglings­sterb­lichkeit steigt und, so habe ich heute von grünen Delegierten, die jetzt in Griechenland auf Besuch sind, erfahren, die Zahl der Obdachlosen ist in Athen etwa dreimal so hoch wie in Wien – 17 000 –, und die Tendenz ist stark steigend. – Das kann doch nicht das Europa sein, das wir wollen! (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Das kann aber auch nicht der Plan sein, den wir wollen!

Wenn wir Griechenland aus dieser misslichen Situation, aus dieser Verelendung (Zwi­schenruf des Abg. Amon), in der man jetzt schon ist, herausführen wollen, dann braucht es nicht diesen Plan A, sondern dann braucht es tatsächlich einen Plan B, der nicht sagt, wir müssen jene Strukturreformen durchziehen, die in diesem Plan A ent­halten sind. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Rädler. – Abg. Hammer: Realitätsverweigerer!)

Ich sage nicht, dass alles darin falsch ist. Es ist sicher richtig, die Verwaltung zu moder­nisieren; es ist sicher richtig, Steuerbehörden aufzubauen, die funktionieren, es


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